Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN / Vienna’s English Theatre: BASKERVILLE: A SHERLOCK HOLMES MYSTERY

08.11.2022 | KRITIKEN, Theater

engl theatre baskerville nl ohne~1

WIEN / Vienna’s English Theatre:
BASKERVILLE: A SHERLOCK HOLMES MYSTERY von Ken Ludwig
Premiere: 8. November 2022

Das Prestige des Autors könnte in der Welt des Boulevards nicht größer sein: Ken Ludwig ist der Mann, der die Opernkomödie „Othello darf nicht platzen“ geschrieben hat (mit Otto Schenk als „Pavarotti“-artigem Tenor gut zehn Jahre lang ein Hit in den Josefstädter Kammerspielen), und auch seine Theaterkomödie „Cyrano in Buffalo“ ist echt gelungen. Konnte also nichts schiefgehen, wenn er eine berühmte Sherlock-Holmes-Geschichte dramatisiert – und es ging auch nichts schief.

In diesem Fall geht es auch um die Form. Natürlich liest sich die Geschichte, die ins düstere Devonshire mit seinen Mooren führt, wo im Schloß Baskerville die Lords gemordet werden und angeblich ein riesiger, schaurig heulender Hund mit glühenden Augen dahintersteckt, am besten – es geht nichts über die eigene Phantasie. Das Kino kann das auch gut hinbekommen. Das Theater weniger, so viel Schauerstimmung erzeugt sich auf der Bühne schwerlich. Aber man bekommt durch einen köstlichen Trick Ersatz geboten: neben den Hauptpersonen, natürlich Sherlock Holmes und Dr. Watson, gibt es wirklich Dutzende von Nebenfiguren. Und diese werden alle von nur drei Schauspielern verkörpert.

enlgish theatre baskerville die zwei~1
Anthony Glennon als Doctor Watson, Adam Elliott als Sherlock Holmes Copyright: Reinhard Reidinger/VE

Sicher, dieser Theatertrick ist nicht neu, aber immer wirkungsvoll, wenn er adäquat ausgeführt wird. In Vienna’s English Theatre hat Regisseur Philip Dart mit einer Dame und zwei Herren hier Ingeniöses vollbracht, ein Slapstick-Meisterstück, das allen alles abfordert. So ist Ashley Tucker, wenn man ihr zuerst begegnet, Sherlock Holmes’ biedere Haushälterin, verwandelt sich aber virtuos ebenso in einen gerissenen Straßenjungen wie in eine Liebhaberin, in eine unheimliche alte Frau in Schwarz oder in ein romantisches Opfer aus der Vorzeit, und das alles mit atemberaubender Schnelligkeit.

So wie sie wechseln die beiden Herren nicht nur in Sekunden die Kostüme, sondern auch die Dialekte und stellen in winzigen Episoden unglaublich echt wirkende Typen auf die Bühne – Ben Jacobson und Max Marston brillieren gleicherweise als vollmundige Amerikaner und böse Intriganten, als Arzt, Hotelportier, Polizist, entflohener Sträfling, was immer gebraucht wird. Die drei sind die Helden des Abends, der in einem praktischen, wenn auch nicht übertrieben stimmungsvollen Bühnenbild (Ken Harrison), das auch dauernd eine andere Szenerie darstellen muss, dargeboten wird.

Ein Goldstück ist Anthony Glennon als drolliger, liebenswerter und sprachlich prächtig präziser Dr. Watson, während Sherlock Holmes zwar aussehen könnte wie Adam Elliott, aber er ist sprachlich zu schlampig und in der Pointierung nicht präzise genug, um den Mittelpunkt des Stücks abzugeben. Doch die anderen bieten schrankenloses Vergnügen, und die berühmte Geschichte vom Baskerville- Hund garantiert (auch wenn sie im Grunde ziemlich verworren ist) gute Unterhaltung.

Renate Wagner

 

Diese Seite drucken