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WIEN / Theatermuseum: WALK OF FAME

15.11.2023 | Ausstellungen, KRITIKEN

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WIEN / Theatermuseum: 
WALK OF FAME
Die Gleichzeitigkeit von Erfolg und Verfolgung
Bis 1 April 2024

Zug der Schatten

Wer das Theatermuseum im Wiener Palais Lobkowitz besucht, wohl, um die opulente, bunte Ausstellung über die Wiener Theater- und Filmdynastie Marischka zu sehen, der bekommt eine Draufgabe. Eine „Intervention“, gestaltet von Studierenden und dem Archiv des Instituts für Theater-, Film und Medienwissenschaft an der Universität Wien. An 14 Beispielen vergessener jüdische Schicksale aus der Vorkriegs-Theaterwelt wird die jüdische Vergangenheit der Stadt beschworen. Wie aktuell diese Ausstellung, an der seit langem gearbeitet wurde, nun angesichts des Israel-Hamas-Krieges mit seinem neuen gewalttätigen Ausbruch des Antisemitismus sein würde, hatte man nicht ahnen können, meinte Theatermuseum-Direktorin Marie-Theres Arnbom.

Von Renate Wagner

Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten    heißt es in Goethes „Faust“, und 14 österreichische Schicksale aus Tausenden auszuwählen, deren Theaterarbeit verschiedenster Art  brutal beendet wurde, durch Todeslager oder Emigration, mag wenig erscheinen. Aber gerade die weniger Bekannten sind vielleicht besonders typisch für eine von Juden bis zum „Anschluß“ positiv durchsetzte Bühnenkunst in allen ihren Sparten..  „Die Gleichzeitigkeit von Erfolg und Verfolgung“ soll hier dargestellt werden.

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Silhouetten erinnern    Die jungen Theaterwissenschaftler haben jeder der gewählten Figuren eine lebensgroße Silhouette gewidmet, die auf den Treppen des Hauses ausgestellt werden – nicht individuell erkennbar, verfremdete Schatten. Sie tragen einen kleinen „Bauchladen“, aus diesem können die Besucher dann kostenlos biographische Blätter zu den einzelnen Persönlichkeiten entnehmen. „Walk of Fame“ klingt eigentlich zu strahlend für das, was man sieht – es ist weit eher ein „Zug der Schatten“ (wie Arthur Schnitzler eines seiner Stücke genannt hat).

Alle Genres vertreten     Nicht alle Persönlichkeiten, die hier gezeigt werden, sind unbekannt (über Else Feldmann etwa wurde viel gearbeitet und veröffentlicht), aber es geht auch darum, an den einzelnen Personen „Netzwerke“ von einst (wer spielte in wessen Stücken, wer schrieb über wen etc.) aufzuspüren. Nach Alphabet sind folgende Namen zu finden:

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Else Feldmann
(25. Februar 1884 in Wien, Österreich-Ungarn
– 17. Juni 1942 im Vernichtungslager Sobibor)
Schriftstellerin,  sozialkritische Journalistin, als Dramatikerin vergessen

 

 

 

 

 

 

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Armin Friedmann
(* 31. Dezember 1863 in Budapest;
 † 30. Mai 1939 in Wien;)
Journalist und  unter vielen Pseudonymen fruchtbarer, vergessener österreichischer Dramatiker

 

 

 

 

 

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Oskar Friedmann
(* 13. Juli 1872 Wien,
† 3. November 1929 Wien).
Dramatiker, Librettist, Verlags- und Theatergründer. Er war der Bruder von Egon Friedell, der 1938 Selbstmord beging, als die Gestapo an seine Türe klopfte.

 

 

 

 

 

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Camilla Frydan
ursprünglich Camilla Herzl,
(* 3. Juni 1887 in Wiener Neustadt;
 † 13. Juni 1949 in New York City)
Soubrette, Komponistin und Textdichterin.

 

 

 

 

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Siegfried Geyer
 (* 23. Januar 1883 in Marchegg, Österreich-Ungarn;
 † Anfang 1945 in Ungarn,  erschossen) Lustspielautor, Dramaturg, Journalist, Drehbuchautor, Theaterleiter, Übersetzer und Lektor.

 

 

 

 

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Heinrich Glücksmann
(* 8. Juli 1863 als Heinrich Blum in Rakschitz, Mähren;
 † 1. März 1943 in Buenos Aires)
war vor allem Dramaturg des „Deutschen Volkstheaters“ in Wien und Kulturjournalist

 

 

 

 

 

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Maria Guttmann
 (* 11. Juni 1889 in Graz, Österreich;
 † 19. Februar 1963 in Zürich, Schweiz)[
Bühnenschauspielerin, Regisseurin, Dramaturgin und Theaterleiterin, sie war eine der Ersten, die in die Männerdomäne der Regie eindrang

 

 

 

 

 

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Henny Pia Herzer
(*11 Juli 1915, Wien –
+ 7. März 2004, Melbourne)
Nichte von Camilla Frydan, sie galt als Regiestudentin am Reinhardt-Seminar als großes Talent

 

 

 

 

 

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Bernhard Krakauer
(*25. Dezember 1892, Berlin,
+ 27. Mai 1971, Tuttlingen)
Theaterliebhaber, bekannt für seine riesige Sammlung von Theaterzetteln

 

 

 

 

 

 

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Hans Liebstöckl  (* 26. Februar 1872 in Wien † 24. April 1934 in Wien)  J ournalist, u.a. Chefredakteur der „Bühne“, Musikkritiker

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Siegfried Loewy (* 1. November 1857 in Wien  † 8. Mai 1931 Wien)  Schriftsteller, Journalist und Theaterkritiker.

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Josef Rehberger
(* 8. Februar 1889, Wien + 20. April 1942 Zürich)
Schauspieler im Theater und beim Film

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Helene Richter,
(* 4. August 1861 Wien,
 † 8. November 1942 Konzentrationslager Theresienstadt), Theaterwissenschaftlerin. Ihre um vier Jahre jüngere Schwester Elise Richter war Universitätsprofessorin für Romanistik und starb ebenfalls in Theresienstadt.

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Lia Rosen(*um 1893 in der Bukowina, Österreich-Ungarn + gestorben 1972 in Tel Aviv) Schauspielerin in Wien, Berlin und Israel.

 

Versuch ich wohl, euch diesmal festzuhalten?   Die Frage aus Goethes „Faust“ ist berechtigt. Wird man diese Persönlichkeiten nun wahrnehmen, oder bleiben sie von marginalem Interesse? Dass sie alle quasi nur als Silhouetten erscheinen, ist bedauerlich. Die Studenten, die jeweils eine Person recherchierten, haben auch anschauliches Material gefunden, das in der „Zeitschrift“, die anstelle eines Katalogs erscheint, abgebildet ist. Hätte man all dies in den beiden Parterre-Räumen des Museums ausgestellt, wäre nicht nur den Besuchern, sondern auch den aus dem Dunkel geholten Künstlern ein Gefallen getan worden, nicht als Schatten, sondern lebendige Erinnerung wahrgenommen zu werden.

Theatermuseum:  WALK OF FAME
November 2023 bis 1 April 2024
Geöffnet täglich außer Dienstag 10 bis 18 Uhr

 

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