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WIEN/ Theater im Nestroyhof: ROSE von Martin Sherman

12.03.2022 | Allgemein, Themen Kultur

THEATER IM NESTROYHOF: ROSE von Martin Sherman – am 12.3.2022 (Premiere)

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Foto: Theater Nestroyhof

 Der amerikanische Autor Martin Sherman (*1938) ist weltberühmt geworden durch sein (in 60 Ländern nachgespieltes) KZ-Homosexuellen-Drama „Bent“. Er hat aber auch viele andere (zumindest im angelsächsischen Raum) erfolgreiche Stücke geschrieben wie zB. „Rose“, wofür die wunderbare Olympia Dukakis den Laurence Olivier Award bekam.

In Deutschland hat sich die leider viel zu früh versorbene Monica Bleibtreu für diesen Text eingesetzt, in Österreich macht das seit Samstag (und noch bis 26.3.) im Wiener Theater im Nestroyhof Andrea Eckert.

„Rose“ ist der Monolog einer alten Jüdin namens Rose, die während des „Shiv’a – Sitzens“ (einer jüdischen Trauerzeremonie) von ihrem bewegten Leben erzählt: Jugend in einem (wie’s der Zufall will) ukrainischen (!) Schtetl, Übersiedlung nach Warschau, Heirat mit einem mittellosen Maler, Eingesperrtwerden ins Ghetto, Erschiessung der einzigen Tochter, Überleben in der Kanalisation, Rettung durch einen jüdisch-amerikanischen Offizier, der sie nach Atlantic City mitnimmt, sie versprochenerweise auch wirklich heiratet (da sein Familienname Rose ist, heisst sie von nun an Rose Rose), Geburt eines gemeinsamen Sohnes, tragischer Tod des Gatten durch eine rare neurologische Krankheit, Aufstieg zur Besitzerin eines angesagten Hotels in Miami-Beach (mit dem schönen Namen Rose Rose), mitansehen müssen, wie der einzige Sohn nach Israel übersiedelt und eine blonde christliche Amerikanerin heiratet, die sich wiederum zur fanatischen Konvertitin in den besetzten Gebieten entwickelt, was letztlich dazu führt, dass ihr Enkel Doron eine junge Palästinenserin erschiesst….für die Rose dann am Ende wieder…Schiv’a sitzt…

Im „Original“ sitzt die Darstellerin der Rose die ganze Zeit auf einer Parkbank in Miami. Eckert und ihre Regisseuse Ruth Brauer-Kvam haben sich, völlig zu Recht, nicht nur dazu entschlossen, den Text um die Hälfte zu kürzen, sondern auch die Grundsituation ein ganz klein wenig aufzulockern-ohne dabei je in sinnlosen horror vacui-Aktionismus à la Deutsches Regietheater zu verfallen.

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Foto: Theater Nestroyhof

Andrea Eckert stellt sich (obwohl viel zu jung für diese Rolle) – ungeschminkt und uneitel – mit einem einfachen Kleidchen angetan rückhaltslos in den Dienst dieser Lebensgeschichte.

Es gibt ein paar poetische szenische Elemente (ein Schaukelpferd, eine Kommode mit variablen Innenleben, ein paar Miniatur-Liegestühle etc.), ein paar kurze Videoprojektionen und ein paar kurze Ton-Einspielungen, aber den Rest an Hervorzaubern von „Illusionen“ besorgt die (von Ruth Brauer präzis und sensibel geführte) Eckert mit ihrem ungemein gewachsenen und gereiften mimischen, gestischen, sprachlichen (gleichermassen natürlich und glaubwürdig) in Jiddisch, Deutsch, Englisch und Ivrit) und stimmlichen Ausdrucksrepertoire – ohne dass das Ganze in je irgendwann in eine selbst-referentielle Zur-Schau-Stellung von Bravur und Virtuosität ausartet.

Die Zuschauer am (ausverkauften) Premierenabend verfolgten das Geschehen von der ersten bis zur letzten Minute – nur unterbrochen durch völlig adäquates Gelächter (denn das Stück ist bei aller Dramatik auch noch komisch !) – in völliger Atemlosigkeit…

Vielleicht eine der besten Produktionen, die derzeit in Wien zu sehen sind.

Hingehen! Anschauen! Weiterempfehlen !

 Robert Quitta

 

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