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WIEN / Theater der Jugend: MITTEN IM GESICHT

Teenager-Schmerzen

30.04.2025 | KRITIKEN, Theater

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Fotos:  Rita Newman/TDJ bzw. Sophie Menegaldo/TDJ 

WIEN / Theater der Jugend / Theater im Zentrum: 
MITTEN IM GESICHT
Musical von Gerald Schuller (Musik) und Peter Lund (Text)
Premiere: 29. April 2025,
besucht wurde die Aufführung am 28. April 2025

Teenager-Schmerzen

Die Nase, die die 15jährige  Sophie mitten im Gesicht trägt, ist ein Familienerbstück und viel zu groß. Aber es geht nicht, wie man annehmen würde, um das Problem von Schönheitsoperationen bei Teenagern. Die Nase wird gänzlich problemlos wegoperiert, die einst verspottete Sophie wird bildhübsch und in der Folge ein Social Media-Star, allerdings vor allem wegen ihrer Klugheit und ihres Engagements für den Umweltschutz.

Das klingt geradlinig und nicht unbedingt wie ein Musical, Aber Autor Peter Lund hat sich für „Mitten im Gesicht“ eigentlich etwas anderes ausgedacht: Diese anfangs Fünfzehnjährigen, die im Lauf des Stücks ein bißchen älter  werden, kämpfen mit jenen Problemen, die in der Pubertät niemandem erspart bleiben, wobei der Wunsch, „schön“ zu sein, natürlich durch die Sozialen Medien und ihre Zwänge forciert wurden.

Tatsächlich aber geht es um die Gefühle der beiden Mädchen und beiden Jungs, um ihren Einsatz für den Klimaschutz (eigentlich das stärkste Thema des Stücks), um ihre „Karrieren“ als Social-Media-Stars, um Freundschaft und die dazugehörigen Probleme ebenso wie um Verliebtheit, Eifersucht, Rivalität. Das ganze Repertoire des langsamen Erwachsenwerdens eben.

Das Stück ist äußerst sparsam konzipiert, vier junge Leute (don denen am Ende offen bleibt, welche von ihnen sich als Paar zusammen finden werden) machen sich das Jungsein untereinander aus. Für die erwachsenen Zuseher wird allerdings die lebenskluge Großmutter die Bezugsperson sein, die richtig erkennt, dass sich seit ihrer Zeit zwar die Technologie (sprich Digitalisierung) geändert hat, aber eigentlich nicht die Menschen….

Darüber hinaus ist es ein Musical, das heißt, die Darsteller brechen zur Musik von Gerald Schuller und in der Regie des Autors Peter Lund in einer geschickt-sparsamen Ausstattung von Ulrike Reinhard dauernd in Gesang und Tanz aus, wie sie es von ihren Pop-Stars gewöhnt sind. Ein Meisterwerk, das viel nachgespielt werden wird, ist es nicht geworden, dazu ist vor allem der musikalische Teil zu simpel, aber der Stil der heutigen Jugend zwischen neuen Lebensformen und alten Gefühlen scheint sehr gut getroffen.

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Lucia Miorin. anfangs die Sophie mit der zu großen Nase, dann die erfolgreiche Umweltkämpferin (die mit ihrer Gruppe sogar im Wiener Rathaus einbricht – was daraus wird, erfährt man nicht), ist so überzeugend wie Shirina Granmayeh als ihre Freundin Luisa, deren Minderwertigkeits-komplexe aus der Erkenntnis erwachsen, dass Sophie die Klügere von ihnen ist. Ihr Schönheitsproblem besteht übrigens in einem zu kleinen Busen… Natürlich geht es um die Boys. Jakob Pinter als Leon ist der Schönling, der intellektuell nicht allzu viel auf dem Kasten hat, Fabian Grimmeisen als Paul ist der sensible und charaktervolle.

Ein Clou sind die Szenen von Susanne Altschul als Großmutter, von der sich ihre jungen Kollegen Souveränität, klug-diskrete Pointierung und vor allem exakte Behandlung der Sprache abschauen sollten.

Gedacht für ein Publikum ab 11 Jahren, treffen sie Probleme wohl eher die etwas Älteren, aber was man sagen will, ist für alle verständlich aufbereitet. Dem jungen Publikum hat es gefallen. Es wurde mit der Erkenntnis nach Hause geschickt, dass man sich nicht so sehr um sein „schönes“ Aussehen kümmern, sondern sein Interesse wichtigen Dingen zuwenden sollte.

Renate Wagner

 

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