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otos: © Rita Newman / Theater der Jugend
WIEN / Theater der Jugend im Renaissancetheater:
DIE SIEBEN WÜNSCHE von Henry Mason
Premiere: 20. Mai 2025
Bunter Märchen-Mix
Herrlich turbulent geht es im Renaissancetheater des Theaters der Jugend zu, in einem Stück, das Henry Mason zwar schon für die Kleinsten geschrieben und inszeniert hat, das aber auch den Mittelgroßen bis Ganzgroßen Spaß machen wird. „Die sieben Wünsche“ gibt es als konkrete Vorlage nicht, wenn der österreichische Brite Mason sich auch bescheiden auf Motive von Jacob und Wilhelm Grimm bezieht. Tatsächlich blinzelt immer das eine oder andere berühmte, bekannte Märchendetail durch, wobei der Autor vor allem in den Hexenszenen auch bei Harry Potter Anleihen genommen hat…
Dabei beginnt es fast wie ein „historisches“ Familienstück aus dem 19. Jahrhundert mit einer glaubhaften Familienaufstellung: Die Großmutter Wunsch (die einst Prinzessin war, was sie nie vergißt zu erwähnen) , die gewissermaßen das tapfere Schneiderlein geheiratet hat, der ein lieber, unterdrückter Ehemann geworden ist, herrscht gnadenlos über Sohn und Schwiegertochter, über Enkel und Enkelin sowie das Personal. Sie hat sich dem Fortschritt verschrieben und ihre Papierfabrik mit neuesten Maschinen ausgestattet, die nun den umliegenden Wald auffressen und in Papier verwandeln sollen…
Enkelin Margarete Wunsch findet das prima, Enkel Johannes hat hingegen ein offenes Herz für die Natur, den Wald, die Bäume, sieht das Leben darin und nicht nur den Lieferanten von Holz. Dabei sollten die Kinder gar nicht in den Wald gehen, denn dort hausten, wie man ihnen versichert, Wölfe und Hexen…
Je mehr Henry Mason seine Figuren in den Märchenwald (mit einem sprechenden Moosmännchen) und in die Märchenhandlung lockt, umso wilder wird die Geschichte, als wahre Hexe erweist sich die Großmutter, Maschinen und Natur geraten in Streit, jemand wird in einen Wolf verwandelt, und was die titelgebenden Wünsche betrifft – na, da sollte man vorsichtig damit sein, was man sich wünscht.
Wenn sich die Familie endlich gegen die gnadenlose Zauberin-Großmutter auflehnt, die allerlei am Kasten hat, beschert ihr Mason eines der brutalen Märchen-Finali: So wie die Hexe in „Hänsel und Gretel“ in den Feuerofen geworfen wird, so gerät Großmutter Wunsch in ihre Papiermaschine – und kommt als riesiges papierenes Poster ihrer selbst wieder heraus.
Masons Inszenierung ist ein Gustostück der verwirrendsten Turbulenzen, in spaßiger Dekoration (Rebekah Wild) wild exekutiert, wobei die beiden Enkel (Jonas Graber und Anna Katharina Malli, die sich von der Technik ab- und der Natur zuwendet) für die Kinder im Publikum die Sympathieträger sind.
Clou des Abends ist aber Uwe Achilles als Großmutter Adele Wunsch, der es schafft, gelegentlich auszusehen wie Maggie Smith und von hexenhafter Bosheit ist, während Frank Engelhardt als Großvater geradezu rührende Liebenswürdigkeit versprüht. Maria Fliri . Violetta Zupančič (wird verzaubert und trägt längere Zeit einen Wolfskopf) und Stefan Rosenthal sind noch dabei.
Dass hinter all dem nicht nur der Harry Potter-Spaß am Zaubern und die Grimm’schen Motive stecken, sondern auch der Wunsch, den Kindern die Liebe zur Natur im allgemeinen und zum Wald im besonderen zu vermitteln, ist schöne Draufgabe des vom jugendlichen Publikum stürmisch aufgenommenen Abends.
Renate Wagner