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WIEN / Theater der Jugend: DIE BRÜDER LÖWENHERZ

22.05.2015 | KRITIKEN, Theater

Theater der Jugend • DIE BRÜDER LÖWENHERZ • Renaissancetheater
Foto: Theater der Jugend / Rita Newman

WIEN / Theater der Jugend im Renaissancetheater:
DIE BRÜDER LÖWENHERZ
Nach dem Roman von Astrid Lindgren von Wolfgang Türks
Premiere: 21. Mai 2015

Man darf nicht nur an „Pipi Langstrumpf“ denken (die übrigens ganz schön hintergründig ist) oder an „Kalle Blomquist“: Astrid Lindgren (1907-2002) hat an die Leser ihrer Kinderbücher ganz schöne inhaltliche Ansprüche gestellt, zumal in den „Brüdern Löwenherz“, einem Roman von 1973, von dem man nicht recht begreift, dass das Theater der Jugend die Dramatisierung (und die recht karachohafte Realisierung) tatsächlich für Kinder ab 6 Jahren vorgesehen hat.

Man hat Astrid Lindgren vorgeworfen, dass sie hier das Thema des Sterbens und des Todes anpackt, zumal es da nicht Oma oder Opa sind, die sich verabschieden, sondern zwei Jungen – ein Dreizehnjähriger, weil er den Bruder aus dem Feuer rettet, und dann der gerettete Zehnjährige, weil er ohnedies todkrank war. Das gibt schon einmal einen emotionalen bis sentimentalen Beginn. Immerhin landen die Brüder gemeinsam in einem Jenseits, das Nangijala heißt und wo man etwa lebt wie in einem mittelalterlichen schwedischen Dorf. Nur – da ist das Problem…

Denn die Jungen, Jonathan und sein kleiner Bruder, „Krümel“ genannt, die „Brüder Löwenherz“ in ihrer neuen Welt, sind hier gar nicht im Kinderparadies, wie sie es verdienten. Wir erleben eine Geschichte, in der es um politischen Terror, um Verrat und Edelmut und schließlich quasi um die Pflicht zum Widerstand geht. Wie man am Ende einen Tyrannen und auch noch einen Drachen besiegt – ja, das geht auf Buchseiten leichter als auf der Bühne… Und dass die (eigentlich ohnedies schon toten!!!) Brüder am Ende noch einmal gemeinsam Selbstmord begehen, das ist schon eine echt verdrehte Gedankenwelt, die Kindern hier zugemutet wird.

Regisseur Michael Schachermaier, der seines Zeichens schon im Burgtheater Regie geführt hat, aber offenbar immer wieder gern an das Theater der Jugend zurückkehrt, packt fest zu: die Schergen des Tyrannen Tengil sind etwa von erschreckender Brutalität, und eine stilisierte Schlachtszene (den Burgtheater-Rosenkriegen abgeguckt) könnte die Kinder ganz schön erschrecken. Dagegen sind „fröhliche“ Szenen, wenn die Brüder Löwenherz etwa wie Don Quijotte und Sancho Pansa auf ihren künstlichen Pferdchen reiten, in dem düsteren Geschehen äußerst selten.

Es wird durchwegs gut gespielt, vor allem die beiden Brüder überzeugen, André Haedicke als spontaner Krümel und Jan Hutter (mit einem gewissen künstlichen „Natürlichkeitston“) als Jonathan.

Hörte man den Applaus der Kinder, muss man sich wohl keine Sorgen machen: Vermutlich spielen schon die Sechsjährigen auf ihren iPads weit Schlimmeres, als sie da auf der Bühne zu sehen bekommen?

Renate Wagner

 

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