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WIEN / Theater der Jugend: DER KLEINE DICKE RITTER

21.10.2021 | KRITIKEN, Theater

 

theater der jugend / der kleine dicke ritter / renaissancetheater
Fotos: Rita Newman

WIEN / Theater der Jugend / Renaissancetheater 
DER KLEINE DICKE RITTER von Robert Bolt
Premiere: 12. Oktober 2021,
besucht wurde die Nachmittagsvorstellung vom 21. Oktober 2021 

Wenn man nicht aufgepasst hätte, ja, dann hätte „Der kleine dicke Ritter“ des britischen Autors Robert Bolt schon eine Moralkeule werden können. Denn der Ritter Länglich von Länglich ist gar zu brav. Er lebt in einer Welt, wo die Bequemen gerne fünf gerade sein lassen und wo die echt Bösartigen widerstandslos ihre Mitmenschen karniefeln. Und da ist einer, der so unerschütterlich ehrlich, aufrichtig, gutherzig ist, aber  natürlich auch lästig, ein Erbsenzähler, einer, der verlangt, dass alles nach Vorschrift gemacht wird. Solche Leute kann man eigentlich nicht leiden. Im Theater der Jugend schon, Gott sei Dank. Denn da hat Werner Sobotka das Stück auf der Bühne des Renaissancetheaters so frech und flott inszeniert, dass die Moral zwar mitkommt, aber nicht penetrant wird.

Die Sache spielt in einer Märchenwelt mit Rittern und Drachen und ist ein Polit-Stück erster Ordnung, angewandte Politik sozusagen. Man kommt nicht darum herum, immer wieder an die Gegenwart  zu denken, und man wünschte sich in unserer Welt einen so pfiffigen Saubermann wie den Ritter Länglich, der mit dem Schmutz-Regime des Baron Bulligrob so richtig aufräumt wie hier.

Aber, wie gesagt, es wäre zu penetrant, verbreitete die Regie nicht so viel Laune, würde das Geschehen (zu viel bekannter Musik aus der Trivialszene) in einer total bunten Ausstattung (Bühne: Stephan Prattes,  Kostüm: Elisabeth Gressel) nicht bei jeder guten Gelegenheit in Gesang und Tanz ausbrechen, wäre da nicht so viel Slapstick und Ironie, richtig für die Kleinen, die viel lachen, und richtig für die Großen, die das auch tun.

Niklas Doddo sieht mit seltsamer Perücke und umgeschnallten Bäuchlein wie ein Mädchen aus, setzt sich aber männlich, ehrenhaft und vor allem humorvoll durch.

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Als sein Gegenspieler Baron Bulligrob bietet Florian Stohr – bei aller Stilisierung in der Körpersprache – einen Politiker, wie man ihn zu kennen meint. So, wie Uwe Achilles den Zauberer spielt, der darauf hinausläuft, die Mitmenschen zu manipulieren, könnte man ihn ganz modern sehen. Weniger Claudia Waldherr, denn sprechenden Elstern (mit einer geschickt geführten Handpuppe) begegnet man wohl weniger. Das Ensemble, jeder in vielen Rollen, spielt Typen, wie man sie erkennt – Duckmäuser, Jasager, Prahler, Opfer.

Wenn am Ende der Drache besiegt ist und auch noch der Tyrann verjagt, ist das kleine Publikum hoch zufrieden. Und das große Publikum wünscht, dass dergleichen so einfach wäre wie im Stück. Außerdem – wo kriegt man einen so anständigen Menschen wie Ritter Länglich her?

Renate Wagner

 

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