Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN / Theater der Jugend: AMADÉ UND ANTOINETTE

18.02.2022 | KRITIKEN, Theater

theater der jugend | amadé und antoinette | renaissancetheater
Fotos Theater der Jugend, Rita Newman

WIEN / Theater der Jugend / Renaissancetheater:
DAS HÖCHST KURIOSE ABENTEUER DER HOCHWOHLGEBORENENE KAISERLICHEN TOCHTER MARIE ANTOINETTE UND DEM ALLSEITS BEKANNTEN WUNDERKIND WOLFGANG AMADEUS MOZART von Thomas Birkmeir
Premiere: 18. Februar 2022

Wer Mozart und Marie Antoinette in einem Atemzug nennt, denkt sofort daran, dass der sechsjährige Wolferl in Schloß Schönbrunn der kleinen Erzherzogin Maria Antonia (so hieß sie damals noch)  versprach, er werde sie heiraten, wenn er groß sei. Eine unbestätigte Anekdote, aber so schön, dass sie vermutlich nicht tot zu kriegen ist.

Nun, bei Thomas Birkmeir ist alles ganz anders. Der Direktor des Theaters der Jugend (immerhin ist er schon zwanzig Jahre in Amt und Würden!) macht sich gelegentlich die Freude, selbst ein Stück zu schreiben. Diesmal für die ganz Kleinen, die Volksschulkinder ab 6 Jahren. Mit den Klischees von Mozart füttert er sie nicht. Statt dessen mixt er halbe Realität mit Märchen und gibt den Kleinen schon Botschaften mit. Nicht nur, dass der junge Mozart (der in diesem Stück natürlich kein Kind, sondern ein Teenager ist, ebenso wie Maria Antoinette, um bei ihrem Königinnennamen zu bleiben) ein ungebärdiger Bursche ist.  Da läuft er gleich am Anfang in Schönbrunn seinem Vater davon, weil  er sich nie verbeugen will, nicht einmal vor einer Kaiserin. Und dass es immer nur um Geld geht. erfährt man auch –  darum muss man in Schönbrunn musizieren, erklärt der Vater. Aber dazu kommt es nicht.

Wie gesagt, bei Birkmeir ist alles anders. Da stoßen Wolfgang und die Erzherzogin Marie Antoinette (sie waren übrigens fast gleich alt, sie drei Monate älter als er) als einsame Teenager zusammen, raufen heftig, laufen gemeinsam davon in einen Garten, wo ein Vogelfänger auftaucht – und schwupps ist man in einer Märchenwelt.

Aber so ganz die „Zauberflöte“ wird es auch nicht, selbst wenn eine hier bitterböse Königin der Nacht im Märchen die Hauptrolle spielt. Bei ihr darf weder gesungen noch gelacht werden – eigentlich wird man hier an Raimund erinnert, der in „Der Diamant des Geisterkönigs“ ein ähnlich totalitäres Märchenreich zeichnet. Die böse Königin, die ihre Kinder verloren hat, zwingt Marie Antoinette durch Gehirnwäsche, sich für ihre Tochter zu halten. Wolferl hingegen, der den Vogelhändler in einen Stein verwandelt mit sich herumschleppt, wird von den Schergen der Königin der Nacht gejagt: Er besitzt nämlich den letzten „blauen Vogel“, das Symbol der Phantasie…

theater der jugend | amadé und antoinette | renaissancetheater

Nun, wenn dann alles gut ausgeht, ist man wieder in Schönbrunn. Kaiserin Maria Theresia, im Grunde ebenso verzerrt dargestellt wie der total veralberte Leopold Mozart, kommt dann doch noch zu ihrem (zweiten) großen Auftritt. Allerdings war bei diesem Besuch der Mozarts am Kaiserhof  alles nicht so, wie wir es in den Büchern lesen, sagt Birkmeir – das hat die Kaiserin ihren Sekretären diktiert, damit es eine schöne Story für die Chroniken gibt. Eigentlich hatte sie gar keine Zeit, sich den jungen Mozart anzuhören…

Aber wenn das ganze Ensemble am Ende als Kanon „Bona nox, bist a rechter Ox“ singt, dann kann der Abend nur in stürmischem Applaus enden. Und wohl nur der Kritiker bemerkt einwendend, dass Regisseurin Nicole Claudia Weber das Stück, das von Birkmeir schon kleinkindhaft-überdreht erzählt wird, noch einmal über drüber übersprudeln lässt. Im Gegensatz zu vielen Produktionen, mit denen das Theater der Jugend auch ein erwachsenes Publikum erreicht, ist diese wohl eher nur für Kleinkinder…

theater der jugend | amadé und antoinette | renaissancetheater

Clou des Abends ist Tania Golden als ironisch-souveräne, auch ein bisschen belästigte Kaiserin Maria Theresia, wirklich ein Vergnügen. Thomas Fischnaller Wachtler und Ursula Anna Baumgartner toben als Wolferl und Marie Antoinette herum, wie es verlangt wird. Pia Baresch ist eine einerseits ganz böse Königin der Nacht, andererseits eine liebevolle Mutter der neu gefundenen Tochter. Michael Schusser gibt den Leopold Mozart als reine, alberne Parodie. Der Vogelfänger von Frank Engelhardt kommt nicht ganz so gut zur Geltung wie bei Mozart der Papageno. Das restliche Team ist entweder Maria Theresia oder, im Märchenteil, der Königin der Nacht untertan.

So richtig mit Mozart vertraut werden die Kleinkinder nicht, aber irgendetwas wird schon haften bleiben – von einem ganz ungewöhnlichen Wolferl Amadé und einer Kaiserin, der man später im Geschichtsunterricht begegnen wird.

Renate Wagner

 

Diese Seite drucken