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WIEN/ Theater an der Wien: WAGNER 1863

05.01.2013 | KRITIKEN, Oper

Theater an der Wien, WAGNER 1863 am 5. Jänner 2013

Das Wagner-Jahr ist bereits voll im Gange. Auch das Theater an der Wien widmete sein Eröffnungskonzert ganz dem deutschen Komponisten-Genie. Direktor Roland Geyer wies aber darauf hin, dass es gar nicht so sehr der heurige 200. Geburtstag war, dem man mit diesem Konzert die Reverenz erweisen wollte, sondern der Tatsache, dass ziemlich genau vor 150 Jahren (nämlich am 1. und 11. Jänner 1863) an diesem Orte Richard Wagner selbst ein nahezu identes Programm dirigierte. Der Grund für die damalige Aufführung: Wagner, der im November 1862 nach Wien gekommen war, um die Proben zur geplanten Uraufführung von Tristan und Isolde an der Wiener Hofoper zu betreuen, musste nach 77 Proben diese Arbeit beenden, da sein Werk vom Hofopernorchester als unspielbar bezeichnet wurde. Wagner organisierte in Windeseile ein Publicity-Konzert, um sich mit neuen Kompositionen zu präsentieren. Damals gab es Ausschnitte aus Die Meistersinger von Nürnberg, Die Walküre, Das Rheingold und Siegfried zu hören.

Für das Revival wurde dieses Programm ein wenig revidiert und das Theater an der Wien verpflichtete Marc Minkowski mit seinen Les Musiciens du Louvre Grenoble. Den Beginn machte Eine Faust-Ouvertüre aus dem Jahr 1844, die Minkowski mit seinem auf Originalinstrumenten spielenden Orchester wunderbar gelang. Aber schon beim Vorspiel zu Die Meistersinger von Nürnberg wurden die heutigen Hörgewohnheiten irritiert, kaum unterschiedliche Färbungen waren in dieser brillanten Ouvertüre zu erkennen, Minkowski bemühte sich am Pult zwar nach Leibeskräften, aber mit wenig Erfolg. Die strahlenden Klänge, die wir von den traditionell spielenden Orchestern gewohnt sind, blieben aus und alles wirkte ein wenig fahl und glanzlos. Evgeny Nikitin (diesmal ohne Diskussionen über irgendwelche Tattoos) brillierte anschließend durch Textdeutlichkeit und stimmlicher Prägnanz als Veit Pogner. Die Tannhäuser-Ouvertüre führte in die Pause, in der es viele ratlose Gesichter gab. Ist das Musizieren auf alten Instrumenten wirklich ein Gewinn? Zumindest bei der hochromantischen Musik von Richard Wagner verpuffte die Wahl des dafür berühmten Orchesters aus Frankreich als leerer Gag.

Das wurde auch beim Rheingold-Vorspiel gleich schmerzlich unter Beweis gestellt, viel zu schnell mussten die piano-Stellen dem offenbar notwendigen forte weichen, keine Mystik in den Rheintiefen, eher oberflächliches Dahinplätschern war die Folge. Tapfer schlug sich Endrik Wottrich als Siegmund mit den berühmten Winterstürmen, die dem Wonnemond zu weichen haben. Weniger wacker gelang dies den Blechbläsern im Walkürenritt. Einige falsche Töne seien ja verziehen, aber so wenig martialisch und bombastisch hörte man diesen Gassenhauser der Opernliteratur wohl nur selten. Mit dem Finale des 3. Aktes der Walküre und dem Abschied Wotans (bei dem sich wiederum Nikitin als ideale Wotanbesetzung empfahl, der sowohl mit strahlenden Tönen als auch mit inniger Anteilnahme punktete) endete der Abend. Der im Theater an der Wien fast schon obligate Schlussjubel setzte zwar auch diesmal ein, hielt aber nur kurz an. Dass Minkowski ausgerechnet den Walkürenritt wiederholte,  verstanden wohl nur die wenigsten, zur Ehrenrettung des Orchesters sei aber angemerkt, dass die Reprise besser gelang.

 Ernst Kopica

 

 

 

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