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WIEN/ Theater an der Wien: IPHIGÉNIE EN AULIDE. Premiere

09.11.2012 | KRITIKEN, Oper

Wien, Theater an der Wien: IPHIGÉNIE EN AULIDE Premiere 8. 11. 2012

In der letzten Spielzeit war Glucks „Telemaco“ ein großer, sehr geglückter Erfolg. Die besprochene Produktion ist deutlich weniger geglückt. Zu sehr sind alle Klischees des „modernen Regietheaters“ eingesetzt. Angefangen mit der mit wenig schöner Alltagskleidung, natürlich vor allem in Schwarz. Die Drehbühne rotiert fast ständig, zu sehen sind Spiegel bzw. so etwas wie eine Raffinerie, oder Videos mit Halbnackten mit einer Maschinenpistole. „Bedeutungsschwangeres“ Gehen ist auch angesagt, ebenso Maschinenpistolen, Pistolen. Der Rezensent mag durchaus modernes Theater, aber nicht alles und jedes. Vor wenigen Tagen in Prag war der „Pelleas“ ganz modern inszeniert und dazu wunderbar ästhetisch. Diesmal war die Regie und Licht von Torsten Fischer, Ausstattung Vasilis Triantafillopoulos, mit Herbert Schäfer und die Videos von David Haneke. Heutige Regisseure tun sich schwer  mit der Rolle der Diane, welche Iphigénie vor dem Opfertod rettet und nach Tauris versetzt. So ermordet diesmal Agamemnon die Göttin Diana und dann seine Tochter Iphigénie.

An erster Stelle sind die Wiener Symphoniker unter Alessandro De Marchi zu nennen, die makellos Glucks Stil trafen und con animo spielten. Das war eine reine Freude. Lange Zeit wurde Gluck, nicht nur in Wien, vernachlässigt. Umsomehr ist das ThadW zu loben, weil die Direktion planmäßig ein Werk dieses Meisters ins Programm aufnimmt. Dazu kommt in wenigen Tagen die Staatsoper mit der „Alceste“.

Zu den Sängern eine Vorausbemerkung: es scheint, dass viele von ihnen den französischen Gesangsstil nie wirklich gelernt haben und sich damit schwer tun (es hörte sich nach italienischer Oper an). Diesmal erfüllten sie auch nicht so ganz die Erwartungen, wozu zu sagen ist, dass die Damen deutlich mehr als die Herren gefielen und dass nach der Pause die Sänger offenbar besser „eingesungen“ waren.

Myrtò Papatanasiu als Iphigénie erfüllte am besten die Erwartungen. Sie tat sich anfänglich auch nicht so leicht, gewann dann aber immer mehr an Format und ihre Stimme hat einen lieben Ton, der sehr zu dieser Opferrolle passt. Auch Michelle Breedt als ihre Mutter Clytemnestre war mit ihrer dramatischen Stimme und großem Einsatz immer besser in Form.

Agamemnon, der seine Tochter opfert, war mit Bo Skovhus besetzt. Man meint bereits seit einiger Zeit, dass seine Stimme ihm nicht so gehorcht, wie er es wohl gerne hätte. So war es auch diesmal. Paul Groves/Achille sang vor einigen Jahren Tenorrollen an allen großen Häusern. Wenn es höher hinauf geht verliert nun seine Stimme deutlich an Kraft und Ausdrucksvermögen. Leider hat Pavel Kudinov als Calchas wenig zu singen. Zoltan Nagy/Patrocle und Edward Grint/Arcas entsprachen gut.

Vor der Pause gab es kaum Beifal, zum Schluss gab es aber viel davon, besonders für den Dirigenten und das Orchester. Bei Skovhus sind sicher auch die Erinnerungen mit dabei. Als das Produktionsteam erschien, gab es weit mehr Buhs. Es ist zu erwarten, dass die folgenden Vorstellungen besser gelingen werden.

Martin Robert BOTZ

 

 

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