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WIEN/ Theater an der Wien: DIE GEISTERBRAUT von Antonin Dvorak – konzertant

28.04.2012 | KRITIKEN, Oper

Konzertante Aufführung im Theater an der Wien: „Svatební Košile“ von Antonin Dvořák (27. 4. 2012)

 Am 27. April 2012 fand im Theater an der Wien wieder eine konzertante Aufführung eines selten gespielten Werks statt: „Svatební Košile“ („Die Geisterbraut“) von Antonin Dvořák. Die dramatische Kantate, deren Text nach der Ballade von Karel Jaromír Erben entstand, wurde im März 1885 unter der Leitung des Komponisten in Pilsen uraufgeführt. Kurz danach wurde das Werk auch in Prag aufgeführt, ehe es im August 1885 zur Hauptattraktion des Musikfests in Birmingham wurde. Die von Dvořák selbst geleitete Aufführung stellte seinen bis dahin größten öffentlichen Erfolg dar. Dazu ein Zitat des tschechischen Komponisten aus dem Programmheft des Theaters an der Wien: „So ein Tohuwabohu! Sie riefen nach mir und schrien ‚Dvořák’ ohne Unterlass. Das Orchester, der Chor und das Publikum waren außer sich vor Freude. Der Damenchor umzingelte mich von allen Seiten, wollte mir die Hand drücken und gratulieren. Ich wusste gar nicht, was ich tun sollte.“

 Die Begeisterung des Publikums im Theater an der Wien über die in tschechischer Sprache gesungene und von der Prager Philharmonie unter der Leitung von Tomáš Netopil mitreißend gespielte Kantate war nicht geringer. Mehrere Minuten lang währte der nicht enden wollende Applaus für alle Mitwirkenden, wobei sich viele „Bravi“ unter den Beifall mischten. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass es keine Übertitel gab und wahrscheinlich vielen Zuschauern die Handlung des Werks unbekannt war.

 Die Kantate erzählt die Leiden und die Erlösung eines Mädchens, das vergeblich auf den im Krieg gefallenen Bräutigam wartet und sich schließlich dazu hinreißen lässt, den Geist des Toten zu beschwören. Als er ans Fenster klopft, ist sie sofort bereit, mit ihm zu ziehen. Die beiden hetzen über Berg und Tal und kommen schließlich zu einer Kirche und einem Friedhof, die der „Bräutigam“ ihr als seine Burg und seinen Garten vorstellt. Als das Mädchen ins nächstgelegene Haus flüchtet, kommt es in ein Totenhaus, das von höllischen Gestalten umringt ist und in dem ein Leichnam liegt. Erst der nächste Tag bringt Erlösung. Der Leichnam fällt in sich zusammen und der Bräutigam sowie alle anderen Gestalten sind verschwunden. Am Ende wird das Mädchen für seine fromme Treue zu Gott gelobt.

 Die slowakische Sopranistin Maria Porubčinová sang das Mädchen mit strahlend leuchtender Stimme, die auch in der Höhe ihren warmen Klang nicht verlor. Den toten Bräutigam gab der junge, aber international bereits sehr erfolgreiche tschechische Tenor Ladislav Elgr, der seine Partie mit bemerkenswerter Inbrunst zum Besten gab. Den Erzähler stattete der Bariton Ivan Kusnjer, der zu den populärsten tschechischen Sängern zählt, mit seiner kraftstrotzenden Stimme aus, die das dramatische Geschehen sehr nuanciert zu schildern verstand.

 Mit beeindruckender Stimmkraft wartete der knapp 70-köpfige Prager Philharmonische Chor (Leitung: Lukáš Vasilek) auf, der die oft unheimlichen Stimmungen der Handlung wiederzugeben hatte und das dramatische Geschehen mit Verve begleitete.  

 Man muss der Intendanz des Theaters an der Wien gratulieren, dieses musikalische Meisterwerk dem Wiener Publikum in so hoher Qualität präsentiert zu haben. Die enorme Begeisterung des Publikums am Schluss der Aufführung sprach Bände…

 Udo Pacolt, Wien – München

 

 

 

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