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WIEN/ Staatsoper: DER ROSENKAVALIER – Eine Farce und weiter nichts – leider!

28.04.2014 | KRITIKEN, Oper

Wiener Staatsoper, Rosenkavalier, 27. April 2014

Eine Farce und weiter nichts – leider!

Seit 1968 gibt es nun diese Rosenkavalier-Inszenierung an der Wiener Staatsoper und viele Sternstunden bei dem Meisterwerk von Richard Strauss durfte man dabei schon miterleben. Die jüngste Serie unter Franz Welser-Möst wird aber leider nicht dazu gehören. Dabei lag es noch am wenigsten an der für die ursprünglich als Octavian vorgesehene Elina Garanča eingesprungenen Sophie Koch. Denn die Französin traf trotz fehlender deutscher Muttersprache den meist richtigen Hofmannsthalschen Ton, sei es als junger Liebhaber oder als Mariandl. Und mit ihrem warmen Mezzo setzte sie auch die musikalischen Akzente.

Was man vom Kapellmeister leider nicht behaupten konnte. Beim Vorspiel erlebte man zwar eine vordergründig laute Liebesnacht, leider ging es aber dann meist in derselben Lautstärke weiter. Kaum einmal ein Innehalten bei den vom Libretto geradezu nach Pausen verlangenden intimen Stellen, Leidenschaft wurde in erster Linie durch Fortissimo vorgegaukelt, keine Spur von den herrlichen weiten Bögen im Schlussterzett! Die Walzer wirkten schwerfällig und generell fehlte die Leichtigkeit, das ganze Dirigat hatte für mich etwas sehr Akademisches und wenig Poetisches!

Auch Anne Schwanewilms als Feldmarschallin schien aus einer anderen Welt, als der Hofmannsthals, zu kommen. Im Pausengespräch war man sich einig: Der Feldmarschall hatte mit ihr kein Wiener Mädl zur Frau genommen, sondern eine resche Preussin! Stimmlich hat Frau Schwanewilms die Rolle sicher drauf, keine Frage, aber berühren tat einen das nicht. Mit wenig Klangfarben wartet ihr Sopran auf, störend fand ich auch den unterschiedlichen Stimmsitz: Einmal aus der Kehle heraus, dann wieder vorne in der Maske, unruhig und flackernd wirkten daher auch ihr Monolog und das Finale. Wirklich emotional wirkte sie erst beim Schlussvorhang, als sie Kusshände ins Publikum warf.

Die dritte große Frauenpartie hatte es anfangs schwer, denn Welser-Möst deckte bei der Rosenüberreichung zu Beginn des zweiten Akts fast alles zu und Chen Reiss konnte als Sophie nie ins piano wechseln, musste meist drauf drücken, um gehört zu werden. Aber im dritten Akt sang sie sich dann frei und überzeugte als emanzipierte Neureichen-Tochter. Eine Bank ist Wolfgang Bankl als Baron auf Lerchenau. Wohltuend, dass bei ihm das wienerische Idiom perfekt stimmt, die beeindruckenden Höhen zählten trotz eines kleinen Kratzers zu den Pluspunkten, leider wird seine Stimme ein bisschen matt, wenn es ganz in die Tiefe geht – und das tut es in dieser Rolle des öfteren.

Positiv überrascht war ich vom Faninal des Markus Eiche, der mit eigenständiger Persönlichkeit den reichen Emporkömmling gut zeichnete und mit sattem, wortdeutlichem Gesang aufwartete. Nicht ganz so glücklich konnte man mit dem Sänger von Norbert Ernst sein, denn der Charaktertenor machte zwar das Beste aus diesem Besetzungsfehlgriff und persiflierte diese Italianita-Partie, aber ein richtiger „Schmelzsänger“ wäre trotzdem angebrachter gewesen. Ziemlich gut etabliert hat sich in dieser Produktion nun auch das Intrigantenpaar Annina (Ulrike Helzel) und Valzacchi (Thomas Ebenstein). Mit Regine Hanglers Leitmetzerin wurde ich leider ebenso wenig glücklich wie mit dem Einspringer James Kryshak als Wirt, während die beiden Haushofmeister (Wolfram Igor Derntl bei der Feldmarschallin und Benedikt Kobel bei Faninal) sehr solide sangen. Alfred Šramek zählt quasi zum Hausinventar und war diesmal Notar und Polizeikommissär.

Viele leere Plätze sah man bei dieser am Sonntagnachmittag um 16 Uhr beginnenden Aufführung, erstaunlich viele junge Besucher bei insgesamt hohem Touristenanteil harrten bis zum Schluss aus und waren hörbar zufrieden, sechs Minuten Einheitsapplaus. Solide Opernaufführung, keine Frage, aber der Zauber der Strauss’schen Musik konnte diesmal leider nicht umgesetzt werden.

Ernst Kopica

 

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