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WIEN/ Staatsoper: TOSCA mit Fantini, Botha

11.06.2012 | KRITIKEN, Oper

WIENER STAATSOPER: TOSCA am 11.6.2012

Umbesetzungen sind meistens ärgerlich – manchmal aber auch beglückend – wie bei dieser Tosca, bei der ja (besetzungsmäßig) wirklich kein Stein auf dem anderen blieb: Vom Dirigenten bis zum Schließer blieben nur mehr Scarpia und Spoletta von der Originalbesetzung über. Trotzdem oder gerade deshalb erlebten wir die beste Tosca-Aufführung seit Jahren.

Philippe Auguin ließ die Puccini-Orchesterwogen gekonnt strömen und die ambitioniert spielenden Philharmoniker ließen keine Wünsche offen. Die heiss geliebten und oft gelästerten Hörner zauberten ihren unvergleichlichen Klang; die Cello-Gruppe (mit Robert Nagy) lieferte ein wunderbares Solo im 3. Akt. Diese ambitionierte Stimmung übertrug sich auch auf die Bühne und man erlebte von allen Akteuren eine außergewöhnliche Spiellaune.

Johan Botha mit einer noch nie gesehenen Mimik und Gestik, Norma Fantini als zickige Diva, die den Bogen über den verweifelten Racheengel bis zur besorgten Geliebten einrucksvoll darstellt, Zeljko Lucic als mächtiger Bösewicht und Clemens Unterreiner als gehetzter Ausbrecher zeigten Schauspielkunst auf hohem Niveau und bewiesen wieder einmal, wie repertoiretauglich diese geniale Wallmann-Inszenierung noch immer – und hoffentlich noch recht lange – ist.
Bitte über eine Neuinszenierung erst nach der 1000. Vorstellung nachdenken!

Die gesangliche Sternstunde lieferte der glücklicherweise im letzten Moment eingesprungene Johan Botha mit einer differenzierten, klaren und traumhaft schönen Interpretation des Mario Cavaradossi. Sein „lyrischer Heldentenor“ klingt vom zartesten „o dolci mani“ bis zum mächtigen „Vittoria“ unangestrengt, sicher und schön. Zum Schluss hatte man den Eindruck, er könnte noch einen Lohengrin dranhängen!

Das zweite gesangliche Erlebnis des Abends war die stimmliche Gestaltungsfähigkeit, mit der Zeljko Lucic den Scarpia darstellte. Schmeichelndes Werben, mächtiges Drohen, Verschlagenheit, drängende Nötigung – alles kam in dieser großen Stimme eindrucksvoll zum Ausdruck: ein „Stimm-Schauspieler“ in absoluter Bestform.

Norma Fantini erwischte keinen so guten Tag – in tieferen Bereichen musste sie öfters zum Sprechgesang ausweichen, die Höhen kamen manchmal blechern und nicht immer exakt – wir haben sie als Tosca, in Don Carlos und in Andrea Chenier schon eindrucksvoller erlebt. Zugegebenermaßen ist das aber – neben diesen männlichen Ausnahmestimmen – jammern auf sehr hohem Niveau.

Clemens Unterreiner bewies stimmlich und schauspielerisch, dass er dem Sciarrone entwachsen ist und wir freuen uns, ihn in Zukunft vermehrt in adäquateren Rollen erleben zu können.  Lars Woldt zeigte – stimmlich souverän – einen etwas linkischen Mesner, der es natürlich im Schatten des unvergleichlichen Alfred Sramek nicht leicht hat.

Wolfram Igor Derntl (Spoletta), Marcus Pelz (Sciarrone) und Il Hong (Schließer) rundeten mit Engagement und Können den wunderbaren Abend ab.

Maria und Johann Jahnas

 

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