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WIEN/ Staatsoper: TOSCA – Begeisterung um umbesetzten Tenor

03.04.2012 | KRITIKEN, Oper

TOSCA-BEGEISTERUNG MIT UMBESETZTEN  TENOR (2.April 2012)

Die Begeisterung stieg  von Akt zu Akt und am Ende gab es  Ovationen für die von  Franz Welser-Möst hervorragend geleitete  Repertoire-Vorstellung (mit Dominanz von Ostertouristen) . Puccini’s Psycho-Thriller hatte wieder einmal drei interessante Persönlichkeiten – mit viel Stimme – und einen hochkarätigen Dirigenten anzubieten. Diesmal war von  José Cura das Handtuch im Vorhinein geworfen worden – er  wurde durch Massimo Giordano ersetzt. Der 39jährige Neapolitaner ist ein fescher, attraktiver Liebhaber, kann mit einer mühelosen Höhe aufwarten. Und was ihm an Piano-Kultur fehlt, ersetzt er durch engagiertes Spiel. Da auch seine Tosca eher durch Bodenständigkeit und gesunde Vitalität überzeugt, passte  das Liebespaar der Tosca  gut zusammen. Die Schwedin Nina Stemme ist zwar  kein Zoll eine italienische Primadonna – sie gemahnt eher an die  die Kraft von Brünnhilde, Isolde oder  Senta. Aber für den 2. Akt der Tosca ist die kraftgeladene Energie von Nina Stemme  nicht zu unterschätzen. Und da sie mit den Piano-Phrasen des Gebets einigermaßen zurecht kam und auch  im 3. Akt effektvoll die Belcanto-Linie  durch Hochdramatik ersetzte, war sie die seit langem beste Interpretin der Titelrolle.

Glücklicherweise war auch Scarpia exzellent besetzt: der italienische Bariton Marco Vratogna kann mit einer  wahrhaft dramatischen Stimme aufwarten, macht die Lüsternheit dieses Machtmenschen glaubhaft und zwischen ihm und Tosca „knistert“ es. Denn nur wenn Tosca zu Scarpia die nötige „Hassliebe“ aufbringt, findet das Drama zwischen Liebe und Politik erst so richtig statt, ist die vulkanartige Aufgeregtheit der Tosca-Partitur verständlich. Großartig besetzt auch die kleineren Rollen: Eijiro Kai als dramatischer Cesare  Angelotti, Alfred Sramek als drolliger  Mesner und Dan Paul Dumitrescu als  sonorer Schließer. Leicht überfordert war hingegen Wolfram Igor Derntl als Spoletta.

Bleibt zuletzt an Margarethe Wallmann zu erinnern, die vor 55 Jahren für Renata Tebaldi diese Inszenierung (in Bühnenbildern von Nicola Benois) besorgte – kann man sich den neuen Tannhäuser bei der 549. Reprise im Jahr 2066 vorstellen ?….Ich will das nicht einmal als Gedankenexperiment zulassen!

Peter Dusek

 

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