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WIEN/ Staatsoper: TOSCA

18.05.2013 | KRITIKEN, Oper

Wiener Staatsoper: „TOSCA“ am 18.5. 2013

 Einen stilistisch so einheitlichen Puccini-Abend erlebt man selten. Ein exqusisiter italienischer Dirigent, Marco Armiliato, und in den Hauptrollen ebenfalls Landsleute des Komponisten – da ließe sich für viele Künstler anderer Nationalität etwas lernen.

Von allen wurde auf Linie gesungen und wurden die dramatischen Höhepunkte und Ausbrüche aus dieser Gesangslinie heraus aufgebaut. Dadurch kam es zu keiner vokalen Überforderung und die Stimmen blieben breit fließend. Was für Verdi gut ist, ist eben auch für Puccini nicht schlecht!

Norma Fantini ist eine fabelhefte Tosca. Nicht nur spielt sie die verliebte Diva mit sehr viel Charme, den ganzen 2. Akt unter totalem emotionalem Einsatz mit leidenschaftlicher Verzweiflung, musste beim Gebet nicht nur selber weinen, sondern brachte einen auch als Zuhörer dazu, und bewegte uns mit ihren Schluchzern nach Tötung des Scarpia und der Erschießung Cavaradossis zutiefst. Ihr fulminantes Temperament kommt dieser Rolle besonders entgegen und ihr Gesang vermittelt nicht nur Töne, sondern dieselben Gefühle, die sie auch optisch über die Rampe bringt!

 Marcello Giordani erhielt schon für „Recondita armonia“ Szenenapplaus, noch mehr für „E lucevan le stelle“, brachte mit seinen Spitzentönen bei „La vita mi costasse“, beim „Vittoria!“ oder den Folterschreien Erregung ins Haus und erfreute mit schönen Kantilenen nicht nur im forte. Das ist sein Sänger, der nie etwas falsch macht, auch jede Figur gut und richtig gestaltet und als Tenor noch das Plus einer markanten Erscheinung anzubieten hat.

 Marco Vratogna hat ausreichende Kraft und ebensolches Stimmvolumen für den Scarpia, versteht es, seine Argumente für die Unterwerfung der begehrten Frau mit viel Zynismus und vokaler Raffinesse zu würzen und seine Sterbeszene mit durch Mark und Pein dringenden Hilferufen und Schmerzensschreien auszuspielen.

 Auch die Baritone Alfred Šramek als Mesner und Eijiro Kai als flüchtiger Angelotti füllten ihre Rollen ebenso aus wie Benedikt Kobel den hörigen Amstsdiener Spoletta. Michail Dogotari und Walter Fink ergänzten als Sciarrone bzw. Schließer.

Sie alle, den von Martin Schebesta betreuten Staatsopernchor und das engagiert spielende Staatsopernorchester hielt Marco Armiliato nicht nur zu zeitlicher Konformität zusammen, sondern bettete sie in die spannende orchestrale Wiedergabe der Puccini-Partitur ein und machte darüber hinaus wirklich das gesamte Geschehen auf der Bühne und im Graben zu einer lückenlos spannenden, packenden Angelegenheit. Er ließ den Sängern viel Freiraum zur individuellen Entfaltung und vermochte mit den Härten, die der Handlung innewohnen, enormen dramatischen Effekt zu machen. Bei den Schlusstakten der Oper erging es einem fast wie beim „Bohème“-Finale: sie gingen einem in ihren Prägnanz durch Mark und Bein.

Marco Armiliato heißt der musikalische Monatsregent an der Staatsoper, über dessen vermehrten Einsatz wir uns ungemein freuen würden. Nur steht zu befürchten, dass er nie eine Premiere bekommen wird, weil er ein viel zu guter Repertoiredirigent ist….

Sieglinde Pfabigan

 

 

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