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WIEN/ Staatsoper: TOSCA

15.06.2012 | KRITIKEN, Oper

WIENER STAATSOPER: Giacomo Puccini: TOSCA am 14. Juni 2012

Der Umbesetzungsvirus hat auch bei dieser Tosca wieder einmal zugeschlagen, nachdem Sondra Radvanovsky und Marcello Giordani – zwei selten in Wien zu sehende Topstars – absagen mußten und die Staatsoper für adäquaten Ersatz zu sorgen hatte. Und dabei war die Leitung des Hauses mehr als erfolgreich, denn diese Aufführung der Tosca war eine der besten seit langer Zeit und sorgte für einen großartigen Opernabend.

Einen erheblichen Anteil an diesem Erfolg trug Norma Fantini in der Titelrolle. Die italienische Sopranistin besitzt zwar eher ein unspektakuläres Timbre, doch was sie mit ihrer Stimme an Emotionen ausdrücken kann, ist beeindruckend. Ihr leidenschaftlicher Vortrag war stets überzeugend. Mehr noch, er war packend. Ob nun in den lyrischen Liebesduetten oder bei Eifersuchtsanfällen und Ausbrüchen der Verzweiflung, in welchen die Sängerin mit perfekt sitzenden Spitzentönen begeistern konnte. Bei Vissi d’arte verzichtete sie zugunsten eines veristischen Vortrags auf reinen Schöngesang.

Wer könnte eine Italienische Diva besser spielen als eine Italienische Diva? Fantini‘s Gestik war vielleicht gar etwas dick aufgetragen und erinnerte manchmal an einen Stummfilm, aber in ihrem Spiel war sie ganz die stolze, leidenschaftliche und kämpferische Frau, die bei all ihrem Tun und Handeln eben auch immer die Diva erkennen ließ.

Den Cavaradossi übernahm Johan Botha, der die Partie erwartungsgemäß mühelos bewältigte und sie zudem auch sehr schön zu singen wusste. Dabei auf der Strecke blieb allerdings die Leidenschaft, denn vieles klang zu kontrolliert und zu verhalten. Gerade bei E lucevan le stelle wurde dies sehr deutlich, und das war wohl auch der Grund warum erst nach kurzem Schweigen im Saal recht moderater Applaus einsetzte. Das hat man schon leidenschaftlicher und mit mehr Italianità gehört. Botha scheint allerdings über endlosen Atem zu verfügen, was man nicht nur an seinen mächtigen Vittoria-Rufen erkennen konnte. Was sein Spiel betrifft war Botha nicht auf gleicher Ebene mit seiner Partnerin. Er bemühte sich sichtlich, doch den passionierten und revolutionär gesinnten Maler konnte man ihm nur schwer abnehmen.

Zeljko Lucic sang den Scarpia schon mit fast zu schöner Stimme. Die Brutalität seiner Figur konnte der Sänger nur selten stimmlich vermitteln, dafür ist sein Bariton einfach zu einschmeichelnd. Doch in den melodiösen Aufschwüngen, die Puccini diesem Charakter schrieb, konnte Lucic seinen schönen Bariton passend strömen lassen.

lemens Unterreiner sang einen hervorragenden Angelotti und spielte die Rolle auch sehr gut, während Lars Woldt den Mesner etwas ernster anzulegen schien, als man das bei anderen Rollenvertretern in der Vergangenheit erlebt hat. Das steht dieser Figur sehr gut und auch stimmlich konnte er mit seinem kernigen Bass ein interessantes Rollenportrait zeichnen. Wolfram Igor Derntl war ein gut disponierter Spoletta, Il Hong ein präziser Schließer und Marcus Pelz ein eher unauffälliger Sciarrone.

Im Orchestergraben setzte Philippe Auguin sehr auf Lautstärke und Dramatik, und er ließ diesen Puccini vom Staatsopernorchester recht nüchtern spielen. Bei manchen Stellen ertönte die Musik schon fast etwas zu opulent – so beim Te Deum, was zwar mächtig klang aber Lucic doch ziemlich zudeckte. Einmal schaffte er es sogar Botha zuzudecken. Das will was heißen.

Am Ende gab es viel Jubel für die Sänger. Vor allem Fantini wurde mit zahllosen Bravos und einem Blumengruß gefeiert. Völlig zu recht.

Lukas Link

 

 

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