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WIEN/ Staatsoper: TANNHÄUSER

26.03.2012 | KRITIKEN, Oper

Wiener Staatsoper: TANNHÄUSER am 25.3. und Bilanz nach dem Ende der Tannhäuser – Serie im Rahmen der laufenden „Wagner / Strauss – Festwochen“:

 Vorausschicken möchten wir aber die selbstkritische Erkenntnis, dass die dümmsten Urteile die Vorurteile sind. Eher skeptisch standen wir Bertrand de Billy als Wagner-Dirigent gegenüber und vor Ludovic Tèzier haben wir uns – nach dem verunglückten Giorgio Germont in Aix en Provence – fast gefürchtet. Eindrucksvoll wurden wir von beiden eines Besseren belehrt.

Das großartige Staatsopernorchester nützte ambitioniert alle Möglichkeiten, die Richard Wagner – noch im Stil der „großen Oper“ – bietet. Blechbläser samten, mächtig und exakt, virtuose Holzbläser, der unvergleichliche Streicherklang und eine traumhafte Harfe – das alles unter der umsichtigen und temperamentvollen Führung von Bertrand de Billy im Stile eines kompetenten Wagner-Kapellmeisters.

 Die zweite angenehme Überraschung bescherte uns Ludovic Tèzier als Wolfram von Eschenbach. Schon beim ersten Zusammentreffen mit Tannäuser ließ er durch seinen gepflegten, technisch perfekten Bariton aufhorchen. Die widerwillige Bewunderung des Tannhäuser, die eifersüchtige, verklärte Liebe zu Elisabeth und die katholische Selbstgerechtigkeit wurden stimmlich eindrucksvoll dargestellt – mit dem „Abendstern“ als absoluten Höhepunkt. Hervorragend!

 Weniger überraschend aber zumindest genau so eindrucksvoll war die Leistung von Peter Seiffert als Tannhäuser. Mit jeder Vorstellung wurden die lyrischen Passagen zarter und einfühlsamer; die „heldentenoralen“ Töne kamen ja vom ersten Mal an mit beeindruckender Präsenz. In der gestrigen, dritten Vorstellung gelang neben der gesanglichen Ausnahmeleistung auch eine darstellerische Intensität, die die fragwürdige Inszenierung fast vergessen ließ.

 Petra Maria Schnitzer ist als Elisabeth der seltene Glücksfall einer Sängerin, die sowohl eine strahlende, jubelnde Hallenarie als auch den zarten, liebenden Ausdruck mit Wohlklang – ohne Schärfen und ohne störendes Vibrato – mit Leichtigkeit bewältigt. Brava! Dies alles kann man von Irène Theorin als Venus leider nicht berichten.

 Ein weiterer absoluter Höhepunkt des Abends war auch diesmal Sorin Coliban als Landgraf Hermann. Dieser – in jeder Hinsicht – große Bass hat die Gabe, verschiedenste Stimmungen wie Freude, liebevolle Zuwendung, Zorn und Trauer ohne übertriebene Gesten – einfach mit voller, technisch hervorragend geführter Stimme auszudrücken. Wir glauben, hier entwickelt sich eine bemerkenswerter Hans Sachs!?

 Sehr gut sind diesmal auch die anderen Minnesänger: Norbert Ernst ist mit seinem schlanken, schönen Tenor in der Rolle des Walther von der Vogelweide angekommen, Lars Woldt nutzt die Gelegenheit, den Biterolf als „grimmigen Wolf“ darzustellen, Peter Jelosits (Heinrich der Schreiber) und Il Hong (Reinmar von Zweter) ergänzen die Runde der Minnesänger.

 Valentina Nafornita ist mit ihrer jungen klaren Stimme ein guter  Hirtenknabe, kommt aber in der Gesamtwirkung an die „Buben“ der Premierenserie nicht ganz heran.

 Alles in allem eine Aufführungsserie, die musikalisch fast keine Wünsche offen lässt, viel Freude bereitet und eindeutig auf der Haben-Seite der Bilanz der Wiener Staatsoper anzusiedeln ist.

Wagner – Kompetenz, die die Vorfreude auf die Oster-„Parsifäle“ anregt.

 Maria und Johann Jahnas

 

 

 

 

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