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WIEN/ Staatsoper/Staatsballett: „IM SIEBTEN HIMMEL“ – oder Landung in einem Wolkenschloss ?

Wr. Staatsoper

Ballettabend: „IM SIEBTEN HIMMEL“ – oder Landung in einem Wolkenschloss ? (20.1.23)

Kann es uns wirklich gelingen im siebenten Himmel zu landen? Auch auf der Himmelsleiter ist ein Ausgleiten leicht möglich.

Gerade bei den heutigen wackeligen Gegebenheiten für kreative Köpfe – besonders für die derzeitigen nur wenig populären Zeitgeist-Produktionen in den Opernhäusern. Ein etwas eigenartig zusammengestellter Dreiteiler des Wiener Staatsballetts aus der vorigen Saison ist nun wieder in der Staatsoper aufgenommen worden. Durchaus künstlerisch interessant, sehr überzeugend vom feinen Ensemble ausgeführt. Und wie unterhaltsam …. ?

20 Sekunden »Im siebten Himmel« | Medien | Staatsoper | Wiener Staatsoper
Foto: Ashley Taylor/Wiener Staatsballett

Eingangs heißt es lapidar: „marsch, walzer, polka“. Mitgebracht von Choreograph Martin Schläpfer aus seiner Zeit in der Düsseldorfer Oper am Rhein. Eine gängiges kleines Strauß-Familien-Potpourri vom Donauwalzer über die ‚Sphärenklänge‘ bis zum Radetzky-Marsch. Farbenprächtige rheinische Karnevalsstimmung vermittelnd? Nicht so ganz. Schläpfer nimmt´s auf dunkler Bühne von der intellektuellen Seite, versucht feinfühlig zu parodieren. Verbindet manch appetitliche Formation und bizarren Einfall mit den von ihm gepflegten Modern Dance-Manierismen. Kann als reizvoll angesehen werden. Jedoch: In den Pausengesprächen ist allzu offensichtlich zu hören gewesen, dass diese Art ohne rauschendem Schwung, ohne befreiendes Walzerglück und von kauzigem Flair getragen den Geschmack des Wiener Publikums so gar nicht anspricht.

Und auf welcher Sprosse der Himmelsleiter landet ein etwas jüngerer Choreograph deutschen Geblüts? Der Wuppertaler Marco Goecke, Jahrgang 1972, führt mit der 2021 in Wien uraufgeführten und sehr gekonnt wie kompakt gestalteten Grotesk-Etüde „fly paper bird“ wohl in ein eigenartiges Wolkenschloss. Exzellent mimen die TänzerInnen mit unermüdlich flattriger, zittriger Sprache der Hände und geschlechtsneutral vorgeführten Körpern nie klar definierte wie sich verfließend auflösende Beziehungs- oder Selbstbezogenheitsprobleme. Teils sanft Ängste einflößend, dann wieder ein Lächeln anregend. Goecke lässt dabei mit seiner Aussage das Publikum ins Leere tappen. Hilfreich für des Zusehers Gemüt erklingen dazu Auszüge aus Gustav Mahlers 5. Symphonie (die Musiker und Dirigent Patrick Lange begleiten die Tänzer mit Anstand).

Dritter, letzter Teil …. und wie sich der Vorhang hebt geht ein Aufatmen des Publikums durch den Zuschauerraum: Wahres  Vergnügen bietet dieser Anblick der ganz in Weiß glitzernden eleganten Ballerinen. Da sind wir nun doch bei einem Klassiker des 20. Jahrhunderts angelangt: George Balanchines „Symphony in C“ aus dem Jahr 1947 auf Georges Bizets gleichnamige Jugendsymphonie ist ein genialer  Wurf. Ästhetisch, vor den Augen tänzerisch wirbelnd ist Bizets traumhafte Musik in Bewegung übersetzt. Durch die Jahre ist diese Choreographie in Wien des öfteren zu sehen gewesen, und auch jetzt kann das von vier Solopaaren angeführte Ensemble – etwa mit Liudmila Konovalova, Joanna Avraam, Kiyoka Hashimoto, Géraud Wielick – Freude bereiten. In C-Dur, einmal mehr: Pure Schönheit vermag zu beglücken.

Meinhard Rüdenauer

 

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