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WIEN/ Staatsoper/Staatsballett: „GISELLE“ – immer gut in romantischem Lande

Wiener Staatsoper: „GISELLE“ – immer gut in romantischem Lande (2.10.2023) 

gis
Hyo-Jung Kang. Foto: Ashley Taylor

„GISELLE“ = immer gut für einen ansprechenden Ballettabend. Zur Erbauung mit Poesie-Flair, von Adolphe Adams hochromantischer Musik empfindungsvoll in diese bukolische Welt geführt. Schon zur Wiedereröffnung der Wiener Staatsoper 1955 ist eine mitreißende Einstudierung dieses Ballettklassikers zu erleben gewesen. Heute ist nun eine 1993 von der Wiener  Kurzzeit-Ballettchefin Elena Tschernischova einstudierte seriöse Fassung zu sehen, welche an diesem Abend ihre 90. Aufführung erleben konnte. Unter Dirigent Wolfgang Heinz hat es bei seinem Hausdebüt noch so ein bisschen nach Einspielvorstellung für die „Giselle“-Serie in dieser Saison geklungen. Ein erfolgreicher Abend für die Kompanie war jedenfalls mitzuempfinden. Die ländliche Atmosphäre zuerst, hierauf dann die Aufzüge der Wilis, der ihren Gräbern entstiegenen weißen Schattendamen, unerlöste Seelen, verfehlen nicht ihre Wirkung.

Ketevan Papava als Myrtha, die bestimmende Geisterkönigin der Wilis, und Eno Peci als Wildhüter Hilario, kommen noch aus der Staatsballett-Glanzzeit unter Manuel Legris, zählen zu den führenden Solisten des Ensemble, sind bestens verwurzelt. Ihre Rollendebüt feierten die von der derzeitigen Ballettdirektion engagierten beiden Hauptdarsteller. Ebenfalls feine Persönlichkeiten. Wohl passen sie in ihrer Ausstrahlung, ihren ungleichen Körpergrößen nicht so richtig zusammen: Die grazile Koreanerin Hyo-Jung Kang ist als Giselle echt mädchenhaft, zeigt äußerst sensibel ihre Hingabe, spielt nicht die große Virtuosin. Der stattlich gewachsene Kanadier Brendan Saye scheint Balanchines brillantem Cowboy-Ballett „Western Symphony“ entstiegen zu sein. Attraktiv, kernig ja, Romantik-Touch ist ihm nicht gegeben. Ja, auch wenn romantische Ästhetik im Wiener Opernhaus zur Zeit nicht mit Liebe gepflegt wird – das heute so gemischte Publikum kommt schon recht gut damit zurecht.  

Meinhard Rüdenauer

 

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