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WIEN/ Staatsoper: SOLISTENKONZERT SCHADE-ESCHENBACH-QUASTHOFF : BETÖRENDER ZAUBER DER ROMANTIK

SOLISTENKONZERT SCHADE-ESCHENBACH-QUASTHOFF :  BETÖRENDER ZAUBER DER ROMANTIK ( 16.9.2016)

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Foto: Wiener Staatsoper/ Pöhn

Ein Abend  ausschließlich mit Eichendorff-Texten sowie  eine Wiederbegegnung mit Thomas Quasthoff und dem Duo Michael Schade/Christoph Eschenbach : wer  sich einen Sinn für  die blaue Blume der Romantik bewahrt  hat,  muss  diesen hochkarätigen Abend in der Wiener Staatsoper ganz besonders genossen haben. Die Solistenkonzerte  im Großen Haus sind eine vor allem kostenreduzierende Dauereinrichtung von Dominique Meyer  und wirken oft beiläufig. Das war diesmal gar nicht der Fall. Immerhin hat Thomas Quasthoff im Jahr 2012  – nach 4 Jahrzehnten Karriere – das Ende seiner Sänger-Laufbahn bekanntgegeben. Aber als Rezitator tritt er noch vereinzelt  auf. Und so konnte man die  wahrlich edle Stimme des kleinwüchsigen Sängers bewundern, der Texte von Joseph von Eichendorff so poesievoll vortrug, dass man geradezu „süchtig“ wurde.  Und  gleiches gilt für Michael Schade und Christoph Eschenbach. Wenn sie Eichendorff-Lieder von Robert Schumann, Felix Mendelssohn-Bartholdy, Johannes Brahms und Hugo Wolf vortragen, bleibt kein Wunsch offen. Spätestens bei der Mondnacht von Schumann („Es war, als hätt der Himmel die Erde still geküsst “) nahm das Hüsteln und Räuspern  vollständig ab. Und da Applaus nur am Ende des ersten bzw. zweiten Teiles erwünscht war, konnte man die „Magie“ dieses Abends geradezu mit dem Phonographen messen. Michael Schade, dieser deutsch-kanadische Tenor, spielte  seine Piano-Technik, sein schwelgerisches Legato und seine wunderbare Textbeherrschung aus. Und Christoph Eschenbach war ein kongenialer Klavier-Partner nach dem Heller-Motto: die wahren Abenteuer sind im Kopf!

Vor der Pause übrigens nur Robert Schumann, nach der Pause Felix Mendelssohn-Bartholdy, Johannes  Brahms und Hugo Wolf. Und dazwischen Eichendorff pur vorgetragen von Thomas Quasthoff  etwa „Wem Gott will rechte Gunst erweisen, den schickt er in die weite Welt!“  Ich habe jedenfalls beschlossen, mich mit der Biographie des Autors „Aus dem Leben eines Taugenichts“ näher zu beschäftigen. Der 1788 auf Schloss Lubowitz bei Ratibor geborene Freiherr  erlebte  die Umbruchzeiten der Napoleon-Kriege, verarmte und wurde schließlich  preußischer Staatsbeamter. Mit 20 Jahren hielt er sich  als Student  sogar eine Weile in Wien auf. Wie passt diese Biographie zu seinen lyrischen Kleinodien, zu seiner Melancholie, zu seiner Sehnsucht? Michael Schade und Thomas Quasthoff gaben eine  authentische Antwort auf diese Frage.  Joseph von Eichendorff ist es offenbar wert, dass man sich mit ihm näher beschäftigt. Am Ende großer Jubel, drei Zugaben und Blumen in rot-weiß-rot. Die blaue Blume der Romantik hat dennoch  gesiegt.

Peter Dusek

 

 

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