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WIEN / Staatsoper: SOLISTENKONZERT ANGELIKA KIRCHSCHLAGER / SIMON KEENLYSIDE

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Alle Fotos: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

WIEN / Staatsoper:
SOLISTENKONZERT ANGELIKA KIRCHSCHLAGER / SIMON KEENLYSIDE
17.J
änner 2017

War es ein nostalgischer Abend? Immerhin ist Angelika Kirchschlager seit ihrer letzten Clairon 2013 nicht mehr auf der Bühne der Staatsoper gestanden, und es sieht nicht so aus, als ob sie als Opernsängerin so bald wieder dorthin zurückkehren würde – da zieht sie die „alternativen“ Aufgaben, die das Theater an der Wien ihr bietet, offenbar vor. Simon Keenlyside wiederum hat bei der „Rigoletto“-Premiere im Dezember 2014 ausgerechnet in Wien jenen Zusammenbruch erlitten, der ihn lange Zeit von der Opernbühne fernhielt. Nun ist er wieder da, wie man angesichts seines „Macbeth“ feststellen konnte, nächste Woche wird er „Don Giovanni“ sein und zu Saisonende vollzieht er einen Repertoire-Wechsel und wird (auch in Wien) vom Pelleas, der er einst war, zum Golaud. Time flies…

Das Paar Angelika Kirchschlager / Simon Keenlyside hat sich schon früher zu Liederabenden „gepaart“ (man erinnert sich, sie 2006 gemeinsam im Theater an der Wien gehört zu haben). Nun kamen sie auf die Bühne der Staatsoper und lieferten vor vollem, wenn auch nicht ausverkauftem Haus ein streng klassisches Programm, in dem sie dem Affen keinen Zucker gaben, um es so brutal auszudrücken – keine Schmankerln, kaum Heiteres. Meist solistisch, gelegentlich im Duett, immer Hochkultur mit Schubert, Schumann, Brahms, Hugo Wolf, Peter Cornelius, deutsches Kunstlied vom Anspruchsvollsten.

Und da war Malcolm Martieau ein geradezu bewundernswürdiger Begleiter am Klavier, der seinem Instrument eine Skala von Stimmungen entlockte, die ihn zum gleichwertigen „Mitspieler“ zweier Künstler machten, die sich Schweres vorgenommen hatten.

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Aber sie können es ja auch, die Kirchschlager mit ihrem noch immer sinnlichen Mezzo (bei leisen Abnützungserscheinungen, die hie und da zu hören sind), Keenlyside mit seinem markigen Bariton, der sich beim Lied ohne Anstrengung entfalten und ungeheure technische Finessen (meisterlich gehaltene Piani etwa) hören lassen kann. Seine Darbietung von Schuberts „Wanderer“ war fraglos der Höhepunkt des Abends, ein interpretatorisches Meisterstück, auch mit einer Klarheit der Diktion, die jene seiner Partnerin übertraf – aber das ist wohl immer so: Muttersprachler meinen, sie könnten es „eh“, während vor allem Briten und Amerikaner an ihrem Deutsch bis zur Perfektion schleifen.

Angelika Kirchschlager brachte zur Verhaltenheit ihres Partners, der im dunklen Anzug mit weißem Hemd ohne Krawatte erschien, nicht nur ein fulminantes mauvefarbenes Abendkleid und ihr Markenzeichen, die Negerkrause-Löwenmähne, mit, sondern auch mehr Temperament und natürliche Lebhaftigkeit.

Dennoch wollte sich der Abend nicht zur Bombenstimmung hochschaukeln, es gab auch als Draufgabe kein „Katzenduett“ (wie Ludwig / Berry es immer sangen) oder ähnlich Populäres. Immerhin, Simon Keenlyside kündigte Hugo Wolfs „Storchenbotschaft“ für seinen Kollegen Bryn Terfel an, was die Idee nahe legt, dass dieser Vaterfreuden entgegen sieht. Angelika Kirchschlager sang mit allem Gefühl noch „Guten Abend, Gut Nacht“ von Brahms, und am Ende bot „Der Jäger und sein Liebchen“ von Brahms den beiden Künstlern noch eine Art Zankduett. Dann schied das Publikum bei freundlichem Applaus.

Renate Wagner

 

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