Wiener Staatsoper: AGNES BALTSA MIT GRIECHISCHEN LIEDERN: ALEXIS SORBAS LÄSST GRÜSSEN (18.9.2013)
Dieser Einblick in die „griechische Seele“ ging unter die Haut- 43 Jahre nach ihrem Wiener Staatoperndebut als Octavian faszinierte Agnes Baltsa mit „Griechischen Liedern“ so sehr, dass es zuletzt „standing ovations“, emphatischen Jubel und explosive Begeisterung gab. Das Haus war nicht ganz voll – das war es aber auch nicht beim Soloabend mi Roberto Alagna. Gemeinsam mit dem ausgezeichneten Pianisten und Landsmann Achilleas Wastor (Jgg.1976) erzeugte sie ein solch dichtes Gefühls-Myzel, dass man Alexis Sorbas zu grüßen meinte. „Griechischer Wein“ in der musikalischen „Urversion“ von Mikos Theodorakis bis Manos Hadjidakis-Der Gefühlsbogen reicht von tiefster Melancholie bis zu vitaler Lebensfreude, von Folklore bis zur Filmmusik – und die nächstes Jahr 70jährige Agnes Baltsa war in Höchstform! Sie hat früh mit dem Genre „Griechische Lieder“ begonnen. Aber mir scheint sie besser denn je: sie singt und spricht, sie wispert und lasst plötzlich die Opernsängerin durchscheinen- So viele Stimmfarben und Gefühls-Miniaturen habe ich noch selten erlebt.
Natürlich sind die bald 5 Jahrzehnte Karriere an der Stimme der Baltsa nicht spurlos vorübergegangen – da gibt „angekratzte Registerwechsel“ und manch Intonations-„Trübung“ und Schärfe in der hohen Lage. Aber die Baltsa verstärkt damit noch die Wirkung dieser Lieder, die von Liebe und Sehnsucht, Abschied und Hoffnung sprechen. Klug aufgebaut das Programm – sie stellt den Pianisten gleich zu Beginn mit einer Solonummer von Manos Hadjidakis vor. Denn betritt Agnes Baltsa die Bühne – eine elegante Diva mit blonder Löwenmähne – und widerlegt alle Gesetze der Zeit bzw. Vergänglichkeit, Dann ein Lied von Stavros Xarbakos –„Es werden glückliche Tage kommen – auch für uns“. Die Zeit steht still, das Lied singt vom salzigen Geschmack der Tränen und von den bitteren Erfahrungen des Lebens – und verheißt doch Hoffnung, Mit dem 2.Titel setzen die Hits ein: Mikos Theodorakis und „Der Zug fährt um 8 Uhr ab“ – diesen „Schlager“ hat die Baltsa schon vor 30 Jahren mit Erfolg vorgetragen. Und so geht es weiter mit Liedern von Vassilis Tsitsanis „An einem regnerischen Sonntag“ und Spiros Peristeris „Im Prunkgemach eines Pascha“. Nach der Pause werden die Farben heller, die Stimmung ist zeitweise kämpferisch und die Stimme der Baltsa blüht auf als bekäme eine Rose endlich Wasser. Das Geheimnis ihres Erfolges ist offenbar, dass über weite Strecken mit den Mitteln einer Chanson-Sängerin gearbeitet wird – im richtigen Moment aber die Opern-Diva zuschlägt. Der Höhepunkt dann ganz zum Schluss – wieder Stavros Xarbakos „Jetzt und für immer!“
Das Publikum rast, es gibt 3 Zugaben griechischer Lieder. Und die Baltsa? Sie schreibt noch immer Operngeschichte…
Peter Dusek