WIENER STAATSOPER / Giuseppe Verdi: SIMON BOCCANEGRA am 14. November 2012
Von Sternstunden war in den letzten Tagen die Rede, wenn es um die aktuelle Aufführungsserie des Simon Boccanegra an der Wiener Staatsoper geht. Das war wohl etwas übertrieben, wenn auch in der letzten Aufführung sehr viel gejubelt wurde. Ganz besonders am Ende des Abends, als ein überraschter Placido Domingo den Ehrenring der Wiener Staatsoper nach einer Rede von Staatsoperndirektor Dominique Meyer aus den Händen von Kulturministerin Claudia Schmied erhielt.
Dieser Ehrung ging jedoch eine Vorstellung voran, in der die Sänger nicht gerade problemlos ihre Rollen bewältigten, und erst im zweiten Teil des Abends eine gute Vorstellung zu hören war.
Placido Domingo’s Stimme klang nämlich zu Beginn sehr matt und müde. Die Stimmkraft stellte sich langsam ab der Ratsszene ein und erst nach der Pause stach sein typisch markantes Timbre vermehrt hervor. Die Szene begann er stimmlich erst im zweiten Teil des Abends zu dominieren – besonders im Simon-Amelia-Gabriele-Terzett und ganz besonders im finalen Aufeinandertreffen des Dogen mit Jacopo Fiesco. Darstellerisch war Domingo den ganzen Abend sehr engagiert und in seiner Rolle sehr glaubwürdig.
Welch schwierigen Beginn die Arie der Amelia für ihre Sängerin darstellen kann, konnte man an Barbara Haveman hören, die vor einigen Monaten noch eine wunderbare Maskenball-Amelia in Wien gesungen hat. Bei Come in quest’ora bruna traf sie einige Töne nicht, sie sang kurzatmig und unsicher. Die Sängerin hatte generell im Piano ihre Mühe, die filigranen Stellen der Partitur waren – zumindest an diesem Abend – ihre Sache nicht. Da verrutschten manchmal Töne schon deutlich. Die dramatischen Stellen lagen ihr eindeutig mehr, denn dort konnte die holländische Sopranistin ihren höhensicheren Sopran voll zur Geltung bringen und sich auch mühelos gegen das Orchester durchsetzen.
Ebenfalls problematisch war der Gabriele Adorno von Ramon Vargas. In der Mittellage ist seine Stimme ja recht ansprechend, aber wenn er gezwungen wird in die höheren Register einzutauchen, dann klingt Vargas‘ Tenor immer wie gequetscht und die Spitzentöne geraten recht dünn und wenig klangschön. Das war schon beim Don Carlo kürzlich so, und das wurde noch deutlicher beim Adorno. Diese Rolle scheint jedenfalls eine Grenzpartie für den Sänger zu sein.
Ganz anders der Jacopo Fiesco von Ain Anger, dem einzigen Sänger des Abends, der sich vom ersten bis zum letzten Ton gut disponiert präsentierte. Anger verfügt über einen schönen Bass mit dem er auch akustisch wunderbar zur Geltung kam. Lediglich bei den ganz tiefen Tönen hat die Stimme etwas an Kraft verloren. Gestalterisch müsste er allerdings noch mehr aus der Partie herausholen und auch mehr an Emotionen in seinen Gesang einfließen lassen.
Eijiro Kai sang einen soliden Paolo, während Sorin Coliban einen stimmlich sehr präsenten Pietro gab.
Ebenfalls solide und nicht gerade mitreißend, das Dirigat von Philippe Auguin, der den Sängern zumindest ein guter Begleiter war.
Natürlich gab es großen Jubel am Ende dieser – letztendlich doch noch – guten Vorstellung. Allen Sängern der größeren Rollen wurden Blumen zugeworfen und natürlich stand Placido Domingo im Mittelpunkt des Interesses. Ganz besonders dann während der Ehrung, in der er erzählte, dass er bereits 1967 an der Wiener Staatsoper als Don Carlo debütiert hat und dass er hoffe, noch weitere fünf Jahre singen zu können. Auch in Wien sind weitere Auftritte geplant.
Lukas Link