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WIEN/ Staatsoper: ROBERTO DEVEREUX

01.06.2012 | KRITIKEN, Oper

WIEN/ Staatsoper: ROBERTO DEVEREUX – zweite Gruberova-Gala – erstklassig – am 31.5.2012

Schon nach wenigen Takten war zu hören und zu spüren, dass wir gerade in den Genuss eines außergewöhnlichen Opernabends kommen.

Evelino Pidó entlockte den Philharmonikern den typischen Donizetti-Klang: Spritzige Leichtigkeit, schicksalsschwere Bedrohlichkeit und wunderbare Soloinstrumente, besonders bei den Holzbläsern – alles in Überfluss üppig vorhanden. Dazu ein feinfühliger, exakter Chor – perfekte Rahmenbedingungen; auch dank der „sparsamen“ Inszenierung, die man als halbszenisch oder halbkonzertant bezeichnen muss – was allerdings nicht als Kritik gemeint ist. Sie stört nicht und ermöglicht einem Team von exzellenten Sängern eine hervorragende stimmliche Gestaltung.

Allen voran natürlich Edita Gruberova mit totalem gesanglichen und schauspielerischen Einsatz. Wenn im Rahmen einer guten Geschichte eine beeindruckende Persönlichkeit wie Elisabeth I – die Tochter von Heinrich VIII und Anne Boleyn – von einer hochmotivierten Künstlerin wie „der Gruberova“ auf die Bühne gebracht wird, ist so ein höchstrangiges Opernerlebnis möglich. Bei der Wiederaufnahme am vergangenen Samstag verspürten wir noch etwas Wehmut – es wurde uns bewusst, dass auch an der Stimme der Gruberova der „Zahn der Zeit“ nagt, besonders im ersten Akt kam manches nicht so sicher, so exakt und mit der gewohnten Leichtigkeit.
Eigentlich haben wir uns darauf eingestellt, dass wir in Zukunft doch  deutliche Abstriche machen müssen. Umso angenehmer überrascht waren wir in der zweiten Vorstellung, als die gewohnte Präzision und die Geschmeidigkeit der Stimme wieder da waren. Wir nehmen erfreut zur Kenntnis, dass auch eine Ausnahmekünstlerin wie Edita Gruberova bessere und weniger gute Tage hat – gestern war einer der ganz guten!  Natürlich ist es unsinnig, die Stimme einer reiferen Sängerin mit ihrer eigenen Jugendstimme vergleichen zu wollen, der Wechsel von der schier grenzenlosen, beweglichen Koloratursopranistin zur
ausdrucksstarken Charakterdarstellerin ist aber gut gelungen und wird uns hoffentlich noch recht lange erfreuen.

Nadia Krasteva musste sich wegen einer Atemwegserkrankung ansagen lassen, was ihr aber offensichtlich den Druck nahm und zu einer außergewöhnlich intensiven und bis zum Schluss schönstimmig und ausdrucksvollen Darstellung der Sara verhalf. Man muss akzeptieren, dass diese Stimme fur ein Blumenmädchen und für eine Rheintochter/Walküre eine Verschwendung ist – deshalb alles Gute für die internationale Karriere.

Eine weitere grossartige Leistung aus dem Staatsopernesemble bot Eijiro Kai als Herzog von Nottingham. Auch sein ausdrucksvoller Kavaliersbariton ist den kleinen Stichwortbringer-Rollen hörbar entwachsen. KS Peter Jelosits (Lord Cecil) und Marcus Pelz (Sir Gualtiero Raleigh) erledigten ihre Aufgaben.

DAS Ereignis des Abends bei den Herren war José Bros als Roberto Devereux. Mit seinem herrlich klingenden, höhensicheren „Tenore di Grazia“ sorgt er, obwohl seine Höhen nicht strahlen sondern „nur“ klingen, für berührende Momente.

Das war nach einigen eher „durchwachsenen“ Erlebnissen in der Wiener Staatsoper wieder einmal Opernvergnügen ohne Wenn und Aber!

Maria und Johann Jahnas

 

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