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WIEN/ Staatsoper: PETER GRIMES – eindrucksvoll und ergreifend

27.11.2013 | KRITIKEN, Oper

WIEN / Staatsoper: PETER GRIMES am 26.11.2013

 „WELL DONE“ – Eine gelungene Würdigung von Benjamin Britten zum 100. Geburtstag stellt die wiederaufgenommene Serie dieser eindrucksvollen Oper über einen interessanten Menschen in den Fängen einer oberflächlichen, kleinbürgerlichen Dorfgesellschaft an der Ostküste Englands dar. Diese Regiearbeit von Christine Mielitz stammt aus einer Schaffensphase (1996 – für uns ihre beste Arbeit in Wien), in der noch das Werk – und nicht die Selbstdarstellung – im Mittelpunkt stand und erzählt eindrucksvoll diesen fesselnden Stoff, der ja auch Benjamin Britten aufgrund seiner eigenen Lebensgeschichte so viel bedeutete. Die auch handwerklich gute Arbeit mit gekonnter Personenführung lässt auf der praktisch leeren Bühne nicht eine Sekunde Leerlauf zu – besonders der hervorragend singende Staatsopernchor hat offensichtlich zur Wiederaufnahme sehr erfolgreich geprobt und agiert eindrucksvoll und ambitioniert.

Das Staatsopernorchester unter der Leitung des Engländers Graeme Jenkins zeigt wieder einmal seine Stärken bei der Interpretation von extrem ausdrucksstarker Musik. Die sinfonischen Zwischenspiele zählen – in dieser Qualität dargebracht – zu Höhepunkten der Opernliteratur.

 Ein echter Glücksfall für diese Serie ergab sich durch die Absage von Ben Heppner – sie ermöglichte Herbert Lippert als Einspringer ein fulminantes Rollendebut in der packenden Rolle des Peter Grimes. Er meistert die  gesanglichen Schwierigkeiten souverän – die Partie liegt ihm (im Gegensatz zum Erik und zum Lohengrin) ganz perfekt in der Kehle; seine darstellerischen Fähigkeiten ermöglichen ihm eine Charakterstudie dieses brutalen, harten Fischers – der aber auch seine Träume hat und unter dem Mobbing der oberflächlichen selbstgerechten „normalen“ Leute leidet – wie man es nur selten auf einer Opernbühne erlebt.

 Die deutsche Sopranistin Gun-Brit Barkmin, die im Rahmen der Wiener Staatsoper bisher nur als „Salome“ beim Japan-Gastspiel mitwirkte, wird in der laufenden Saison nach der aktuellen „Ellen Orford“ auch noch als Salome und als Sieglinde im Haus am Ring zu erleben sein. Aufgrund der Darstellung der Lehrerin, die auch als Außenseiterin der Gesellschaft eine interessante Persönlichkeit ist, kann man sich darauf durchaus freuen. Die Szene mit dem Buben am Strand – mit der betenden Gemeinde im Hintergrund – war schon eindrucksvolles, großes Theater. Ihre Stimme ist technisch sehr gut geführt, geradlienig und gut tragend. Ob sie für die Salome groß genug ist, werden wir „Wiener, die nicht nach Japan fahren wollten“, im Februar 2014 erleben.

 Die dritte Hauptrolle Balstrode – Handelsmarine-Kapitän in Ruhestand – wurde vom schottischen Bariton Iain Peterson (erstmals in der Wiener Staatsoper) mächtig und mit passendem stimmlichen Ausdruck dargestellt.

 Monika Bohinec war als „Auntie“ stimmlich und darstellerisch sehr gut und lieferte gemeinsam mit ihren Nichten Simina Ivan (die reifere der beiden Schwestern – war sie immerhin schon bei der Premiere 1996 mit dabei) und Hyuna Ko mit Gun-Brit Barkmin als Lehrerin im Quartett einen Höhepunkt des Abends.

Wolfgang Bankl war als Swallow eine Luxusbesetzung – eigenartigerweise mussten wir beide während seines  Gesanges an Ostern denken!

 Die kleineren Rollen  – Norbert Ernst als Bob Boles, Donna Ellen als Mrs. Sedley, Carlos Osuna als Reverend Horace Adams, Gabriel Bermudez als Ned Keene und Janusz Monarcha als Hobson waren gesanglich und schauspielerisch sehr gut aus dem Ensemble der Wiener Staatsoper besetzt und hatten einen großen Anteil am eindrucksvollen Ergebnis dieses Abends, der dem dritten Jubilar dieses Jahres, aber auch der Wiener Staatsoper, abseits vom populänen Repertoire, Ehre machte.

 Maria und Johann Jahnas

 

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