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WIEN/ Staatsoper: NUREJEW-GALA

eine Ballett-Palette reich an bunten Gustostückerln


Feiner, sensibler Männer Pas de deux: „Opus 100 – For Maurice“: Alexandre Riabko und Ivan Urban. Copyright: Wiener Staatsballett/ Ashley Taylor

Das Wiener Staatsballett zum Saisonausklang in der Staatsoper: NUREJEW GALA 2018 (29.6.) – eine Ballett-Palette reich an bunten Gustostückerln

 Die alljährlich die Saison beschließende Nurejew Gala zählt zu den Trümpfen des Wiener Staatsballetts. Auch heuer wieder: Ein endlos langes Programm, ein Abend ohne Schwachpunkte im vollen Haus. Somit vielleicht auch die Frage: Weshalb wird solch eine Gala, leicht gekürzt, nicht mehrmals angesetzt? Diese bunte Ballett-Palette, nicht immer in den Farben oder stilistisch ganz stimmig zusammenpassend, ist erneut eine Bestätigung gewesen, dass die so harte und extrem fordernde Regentschaft von Ballettchef Manuel Legris der Wiener Kompanie im Cotillon der großen internationalen Ballettensembles zu einem der vordersten Plätze verholfen hat.

Mit George Balanchines „Valse Fantaisie“ zu Klängen im 3/4 Takt von Michael Glinka (nicht der originellste aller russischen Walzer) begann dieser hin und her schlingernde Reigen. Mit jungem Blut in klassischer edler Harmonie: Natascha Mair und Jakob Feyferlik – und damit ist der Anteil an Wiener Tänzern an der Spitze des Wiener Ensembles auch bereits erschöpft! Sollte in der derzeitigen heimischen Kulturpolitik dies nicht längst schon zu einem kritischen Nachdenken geführt haben? Dann im modernen Stil weiter mit Nummer zwei: Eno Peci tanzte mit Partnerin Maria Yakovleva sein von ihm ausdrucksstark choreographiertes Klavierballett „Opus 25“ (Chopins Etüde op.25/7). Und weiter, weiter: Ausschnitte, Ausschnitte, sechs mal Ausschnitte – aus John Neumeiers „Le Pavillon d’Armide“ (ein lockeres, dabei virtuoses Solo von Masayu Kimoto), Kenneth MacMillans „Concerto“, Boris Eifmans „Giselle Rouge“ (Ketevan Papava und Eno Peci hochdramatisch expressiv) und, und ….. bis zu einem Einblick in Rudolf Nurejews üppig ausschmückender und verführerisch die Phantasie anregender Version von Alexander Glasunows Klassiker „Raymonda“.      


Berührend: Marianela Nuñez und Vadim Muntagirov in „Marguerite and Armand“. Copyright: Wiener Staatsballett/ Ashley Taylor

Nach der ersten Pause folgte Frederick Asthons in dieser Saison einstudierte romantische Kameliendame-Paraphrase „Marguerite and Armand“ zu Franz Liszts h-Moll Klaviersonate. 1963 für Nurejew und Margot Fonteyn kreiert und damals ein echter Hit, wirkt heute wohl leicht blutleer. Grandios lebte sich jedoch die gastierende Marianela Nunez vom Londoner Royal Ballet, von ihrem Kollegen Vladimir Muntagirov in die Arme genommen, in die Rolle der gebrochen sterbenden Marguerite ein.


Sehr stimmig: Davide Dato mit Nina Poláková im „Peer Gynt“-Ausschnitt. Copyright: Wiener Staatsballett/ Ashley Taylor

Ein Füllhorn an Gustostückerln bescherte auch im dritten Teil, noch stärker gar, dem Publikum vollste Befriedigung. Tänzerisch stark: eine Sequenz aus András Lukács‘ feinem Bewegungsspiel „Movements to Stravinsky“. Beglückend: Die Rückkehr von Davide Dato, der nach seinem schweren Unfall auf der Bühne diese nach einem ganzen Jahr erstmals wieder betreten durfte – berührend seine Hingabe in Edward Clugs „Peer Gynt“. Ein weiterer Höhepunkt: John Neumeiers sensibler Männer-Pas de deux „Opus 100 – For Maurice“, von dessen langgedienten Hamburger Tänzern Alexandre Riabkow und Ivan Urban zu populärem Simon & Garfunkel-Sound atemberaubend nachgestaltet. Andere Gäste: Olga Smirnova und Semyon Chudin, vom Moskauer Bolschoi-Ballett geholt, brillierten in dem Tschaikowski–“Diamonds Pas de deux“ von Georges Balanchine wie in der so ganz und gar nicht ruppigen Farce „The Taming of the Shrew“ (Jean-Christoph Maillot/Dmitri Schostakowitsch). Und weiters bejubelt, besonders stürmisch: Chef Legris höchstpersönlich und seine frühere Pariser Partnerin Isabelle Guérin machten „Le Rendez-vous“ (Roland Petit/Joseph Kosma) zu einem spannenden Tanz-Krimi.


Spritzig-dynamisches Paar im Satanella-Pas de deux: Kiyoka Hashimoto und Mihail Sosnovschi. Copyright: Wiener Staatsballett/ Ashley Taylor

Mit einer ‚Nureyev Celebration‘ endete dieser viertstündige Ballettabend. An Rudolf Nurejews 80. Geburtstag wurde damit erinnert  – und, kein Zweifel, diese zu ihrer Lebenszeit (1938 – 1993) so gefeierte Tanzlegende hat dem Ballett der Wiener Staatsoper außer Erinnerungen an so richtige Starabend-Highlights auch seine wertvollen hochmusikalischen Einstudierungen von Peter I. Tschaikowskis „Schwanensee“ und Alexander Glasunows „Raymonda“ hinterlassen. Ausschnitte aus diesen beiden russischen Klassikern aus den späten Jahren des 19. Jahrhunderts krönten den Abschluss der Gala.  

Kennen wir uns jetzt bisschen besser aus? Nun, da fehlen in der Aufzählung doch noch viele Namen der sich hier präsentierend sehr, sehr guten TänzerInnen: Die wunderbare Olga Esina ätherisch in einer Raymonda-Variation; die so perfekte Liudmila Konovalova; Kiyoka Hashimoto und Alice Firenze, Ioanna Avraam. Mihail Sosnovschki im „Raymonda“-Kolorit kraftvoll brillierend als Sarazenenfürst; Nina Poláková und Roman Lazik als lyrisches Adagio-Paar in „Concerto“; nochmals Maria Yakovleva und Masayu Kimoto besonders exzellent im klassisch-akademischen Stil. Mitfühlend mitgehend half ihnen allen Dirigent Kevin Rhodes in dieser bewegten Klangkulisse auf ihren Sprüngen von Tschaikowski zu Strawinski und Schostakowitsch.


Manuel Legris: neues Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper. Copyright: Wiener Staatsballett/ Ashley Taylor

Zu guter Letzt wurde schließlich noch Ballettchef Legris auf offener Bühne zum Ehrenmitglied der Wiener Staatsoper ernannt. Und abermals kein Ende: Die Halbsolisten Richard Szabó und Dumitru Taran dürfen sich ab nun Solotänzer des Staatsballetts nennen. Und, in der (altmodischen?) Hierarchie eine Stufe tiefer, drei junge Damen und ein junger Schotte sind zu Halbsolisten avanciert.

 

Meinhard Rüdenauer
 
 

 

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