WIEN/Staatsoper: „Manon“ am 21.2.2014 (von Helmut Christian Mayer)
„Adieu, notre petite table“ – Jene bekannte Arie, wo Manon Lescaut von ihrem winzigen Tischchen ihres Liebesnests in der kleinen Pariser Garconniere Abschied nimmt, gelingt Inva Mula sehr innig und berührend. Auch sonst kann sie an der Wiener Staatsoper in Jules Massenets „Manon“ mit flexiblem und sauberem Sopran überzeugen und mit tadellosen Spitzentönen beeindrucken. Obwohl sie szenisch sehr agil agiert, lässt sie jedoch erotisches Verführertum und jegliche Koketterie vermissen. Auch ihre Wandlung von der naiven Landpomeranzen zur luxusliebenden Großstadtdame gelingt ihr nur zum Teil glaubhaft darzustellen.
Für den erkrankten Ramon Vargas für alle Termine dieser Serie eingesprungen ist Ho-yoon Chung: Sein Chevalier des Grieux wirkt sehr jugendlich, anfänglich emotional etwas gebremst. Sein durchaus schön gefärbter und ebenso klingender Tenor ist jedoch für das Haus etwas zu klein und animiert ihn fallweise zum Forcieren. Seine bekannteste Arie „Je suis seul…“ im Kloster sowie zum Finale die Sterbeszene der Manon lässt jedoch von beiden Protagonisten großes Gefühlstheater aufkommen.
Markus Eiche ist für den miesen und schmierigen Charakter des Lescaut, des Cousins der Manon, mit seinem herrlichen, je geradezu balsamisch weichen und edlen Bariton fast zu sympathisch. Dan Paul Dumitrescu singt einen noblen, samtigen Grafen des Grieux. Thomas Ebenstein als sehr junger Guillot de Morfontaine und Clemens Unterreiner als Brétigny singen tadellos und spielen diese Typen wie gewünscht fies. Makellos singen auch Hila Fahima als Poussette, Lena Belkina als Javotte und Juliette Mars als Rosette. Der Chor der Wiener Staatsoper (Einstudierung: Thomas Lang), der in den Orchestergraben verbannt ist, klingt sehr homogen.
Wiewohl durchaus emotions- und nuancenreich musiziert wird, hätte man sich vom Orchester der Wiener Staatsoper unter dem sehr routinierten Frédéric Chaslin weniger lautstarke Momente und weniger Wackelkontakte, dafür mehr Sängerfreundlichkeit und feinsinnigere Töne gewünscht.
Die Inszenierung von Andrei Serban mit ihren sinnlosen Pappfiguren gefiel bei der Premiere schon 2007 nicht, woran sich bis heute nichts geändert hat. Heftiger, kurzer Applaus!
Helmut Christian Mayer