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WIEN/ Staatsoper: LUCIA DI LAMMERMOOR als Saisonschluss

01.07.2012 | KRITIKEN, Oper

WIENER STAATSOPER: “Lucia di Lammermoor” am 30.6.2012

Saisonschluss auch für die Lucia-Serie, die durch eine hektische Suche nach einer Titelrollensängerin gekennzeichnet war: Hibla Gerzmava war zuerst die falsche Hoffnung für die Direktion, die in guter Hoffnung befindliche Diana Damrau zu ersetzen. Der Ersatz musste ebenfalls absagen, so dass die Amerikanerin Brenda Rae aus dem Frankfurter Ensemble drei Abende übernahm, für einen sagte wieder Frau Damrau zu, ausnahmsweise zu übernehmen. Da fiel schon gar nicht mehr auf, dass der Enrico für einen Abend ebenfalls anders hieß, nämlich nicht Caria sondern Kai.

Nun macht gerade ein Sängerersatz in einer großen Rolle unser Repertoiresystem spannend, auch für Brenda Rae war ihr Wiener Einsatz ein größerer Sprung in ihrer Karriere und eine interessante Erweiterung ihres künstlerischen Lebenslaufes, ob aber die tollen Kritiken, die sie bei uns eingeheimst hat, auch berechtigt waren, lässt sich nur mit dem Einspringbonus erklären. Tatsächlich trat da am 30.6. eine noch nicht ausgereifte Sängerin an, die bis zur Pause eine durchaus passable jugendlich-dramatische Stimme zeigte, in ihrer großen Szene jedoch mit merklich gedrosseltem Stimmeinsatz und unsauberen, etwas klirrenden Höhen den Wahnsinn nicht so ganz zum Erblühen brachte. Auch mit der Darstellung dieses Wahnsinns hatte sie hinsichtlich der Glaubwürdigkeit ihre Probleme, wobei natürlich regieliche Einflüsse aus anderen Inszenierungen eine Rolle spielen könnten. Die Sängerin wird sicher ihre Karriere machen – da ihre Bühnenerscheinung jedenfalls sehr gut ist – ob es weiterhin das Koloraturfach sein wird, wage ich zu bezweifeln. Piotr Beczala macht bereits seinen Weg, wird dabei immer überzeugender, da stimmt einfach alles bis jetzt, da kann man gespannt sein, wie er sich das nächste Rollenfach erobert.

Auch der Sarde Marco Caria geht bei uns seinen Weg, er steht für Verlässlichkeit im Ensemble, sein etwas angerauter Kavaliersbariton, seine elegante Erscheinung, sein gutes Spiel sind vorbildlich. Ho-Yoon Chung macht aus dem Arturo einen richtigen Fiesling, der Mord wundert einem nicht und Sorin Coliban trägt stimmlich in seiner Arie viel zu dick auf, als dass man das noch unter Belcanto einreihen könnte. Juliette Mars und Peter Jelosits ergänzten als Alisa und Normanno.

Was hat der Chor angestellt, dass er von Guillermo García Calvo so schlecht behandelt wird. Unstimmigkeiten und Wackler sonder Zahl konnte man da wahrnehmen und auch das Orchester wurde nur so durch die Tempowechsel gehetzt.

Viel touristisches Publikum war wieder im Haus. Hinter uns telefonierte (!) ein junger Mann nordafrikanischen Aussehens während der Arie des Raimondo mit seinem Handy lässig vor sich hin und das Pärchen neben ihm musste neben der zärtlichen Umarmung auch noch dauernd quatschen. O tempora, o mores!

Peter Skorepa

 

 

 

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