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WIEN/ Staatsoper: LIEDERABEND KRASSIMIRA STOYANOVA/ Ludmil Angelov

27.06.2020 | Konzert/Liederabende, Oper


Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

25.6.2020: Liederabend Krassimira Stoyanova

Wenn man solch eine Serie von Solo-Abenden großer Sänger miterlebt, wie sie uns die Pandemie nun an der Wiener Staatsoper ermöglicht hat, ist jedesmal das Staunen groß, welch unterschiedliche Zugangsweisen zum Lied die einzelnen Künstler zeigen. In den über 20 Rollen, die Krassimira Stoyanova seit 1998 am Hause gesungen hat, schenkte sie neben ihrer prächtigen Sopranstimme jeder verkörperten Figur ihre persönlichen, immer überzeugenden Wesenszüge.  Zuletzt im Jänner/Februar einer grandiosen Desdemona, im „stream“ von 2017 3 Tage zuvor als Elisabetta im italienischen „Don Carlo“ zu bewundern. Da dies der erste Liederabend war, den ich von ihr hörte, war mein Staunen groß, dass sie sich offenbar ganz auf den Gesang konzentrierte und mit nur minimalen Kopfbewegungen oder -haltungen uns den Inhalt der einzelnen Lieder vermitteln half. Ob es ihre eigene Entscheidung war, dass auf dem Programmzettel keine Liedtexte abgedruckt waren? Immerhin sang sie nur in italienischer und russischer Sprache und musste ie damit nicht nur auf ihre eigene Fähigkeit, Inhalte zu vermitteln, vertrauen, sondern auch auf das Verständnis bzw. Einfühlungsvermögen der Konzertbesucher. Dass ihr Landsmann, der Meisterpianist Ludmil Angelov, dabei äußerst hilfreich war, versteht sich.

Zunächst war man verblüfft, welche Stimmkraft da herüberkam über die wenigen Sitzreihen. Eine echte Primadonnenstimme: perfekt durchgebildet, in allen Lagen anscheinend mühelos eingesetzt, immer wohltönend, mit schöner, warmer Mittellage und leuchtenden, strahlenden Höhen. Man vermisste zunächst das Orchester, das die Sopranistin seit eh und je problemlos durchsungen bzw. übersungen hat. Die Stimme harmonierte aber auch mit dem „Ein-Mann-Orchester“ neben sich, sodass man sich an diese Zweisamkeit gewöhnte.

Mit viel Energie frönte sie Giacomo Puccini: „Sole e amore“, „Terra e Mare“,  „Ad una morta“, „Morire“ und „Salve Regina“, die ersten 4 Lieder mit gleichsam realistischem Zugriff auf das jeweilige Thema, das letzte in Verklärung durchgehalten.

Die 7 Lieder von Tschaikowski hatte unterschiedliche Inhalte: „Kein Wort, mein Freund“ op.6/2 – mit viel Leuchtkraft spricht sie ihn an und hat ihm am Ende wohl ihre Meinung gesagt.  „Ich wollte, meine Schmerzen ergössen“, auf schöner Mittellage aufgebaut; „Wiegenlied“ op 16/1 – fast zu laut zum Einschläfern, dünkte mich, aber sie meint es wohl gut, bewegt sich leicht hin und her; „Das war im Frühling“- immer freudiger bewegt, immer strahlender, von Dank erfüllt; „War ich nicht ein Halm auf frischem Wiesengrund?“ op.47/7 (schwer zu beschreiben…); „Wieder, wie früher, allein“ op.73/6 – eindeutig eine Moll-Tonart, die Stimme bleibt auf einer Höhe; „Ob heller Tag“ op.47/6 – wie freudiges Erwachen am Morgen, vom Klavier lebhaft begleitet. Wenn man kein russisches Wort versteht, wird das alles noch viel geheimnisvoller….

Zuletzt eine Gruppe Rachmaninow-Lieder. „Traum“ op 8/5, wie kurz festgestellt; „Nachts in meinem Garten“  – klingt auch nach Träumen, offener Schluss; „Singe nicht, du Schöne“ op.44 – Molltonart, erzähl mir nichts, ich durchschaue bzw. verstehe dich…; „Nacht warte ich auf dich“ op.14/1, Dur-Schluss, Blick nach oben; „Verliebt habe ich mich zu meinem Unglück“ op 6/4, beklagend, aber nicht ganz bedauernd, endend in einem langen Ton…; „Frühlingsgewässer“ op.14/11 – es sprudelt munter dahin, wie siegesgewiss!
Jedes dieser Lieder bewirkte, dass die Sängerin immer jünger zu werden schien.

Endloser Applaus! Er bewirkte jedoch nur 2 Draufgaben, die ganz leise angesagt wurden.

Sieglinde Pfabigan

 

 

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