WIENER STAATSOPER: 23.05.2014 SO „Hoffmanns Erzählungen„
Stephanie Houtzeel, Yosep Kang. Foto: Wichael Pöhn/ Wiener Staatsoper
Die Mai-Pechsträhne hält an: Nachdem bereits Anna Netrebko (Margarethe), Editha Gruberova (Norma) und Piotr Beczala (Hoffmann) abgesagt hatten, musste auch Neil Shicoff den Hoffmann krankheitshalber absagen. Böse Menschen würden behaupten, dass er nur als Zugpferd für die erste Aufführung diente, um den Kartenverkauf anzukurbeln, dem wollen wir uns nicht anschließen.
Leider war Yosep Kang kein adäquater Ersatz für Shicoff, Kraft allein reicht neben einer passablen Höhe nicht aus, um diese schwierige Partie zu bewältigen. Stocksteif, hölzern, verkrampft, das sind die Attribute, die man dem Sänger zuordnen kann. Daniela Fally sang die Olympia mit viel Temperament, tollen Spitzentönen und fehlender Exaktheit. Marina Rebeka war eine resolute Antonia, die Kraft für eine gute Tosca hat sie allemal. Nadia Krasteva, der Staatsoper liebste Hauskraft, wird noch viele Rollen singen müssen, die nicht immer zu ihrer schönen Stimme passen. Die Giulietta ist sicher nicht ihre Paraderolle, da fehlt es verständlicherweise an der Höhe. Stephanie Houtzeel war eine bemühte Muse/Niklaus, sie verkaufte sich unter ihrem Wert, denn ihre schön timbrierte Stimme ging vor allem in den beiden ersten Akten total unter.
Ehe nun die totale Verzweiflung ausbricht, die positive Meldung: Ildar Abdrazakov sang die vier Bösewichte mit großer Bravour. Sein profunder Bass war eine Wohltat, auch im Spiel brachte er mit etwas Humor eine neue Facette dieser Figuren ins Spiel. Ein weiterer Pluspunkt war Walter Fink als Crespel, aber seinen mächtigen Bass kennt und schätzt man ja seit langem. Die Reihe der wenig begeisternden Kräfte könnte noch fortgesetzt werden, Donna Ellen als Mutter, Michael Roider als Spalanzani und Tae-Joong Yang als Schlemil konnten nicht wirklich überzeugen.
Zu schlechter Letzt muss auch der Chor genannt werden, der sich der Tempovorgabe des guten Dirigenten Marko Letonja beharrlich widersetzte. Das Orchester war wesentlich kooperativer und spielte sehr gut und konzentriert. Ein wenig begeistertes Publikum suchte rasch das Weite.
Johannes Marksteiner