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WIEN Staatsoper: Leoš Janáček DAS SCHLAUE FÜCHSLEIN

04.04.2016 | KRITIKEN, Oper
Roman TREKEL himmelt sein Füchslein Chen REISS an

Roman TREKEL himmelt sein Füchslein Chen REISS an

Wiener Staatsoper
“DAS SCHLAUE FÜCHSLEIN” von Leoš Janáček
3.April 2016
10.Aufführung in der Inszenierung von Otto Schenk

 

Keine Frage, die Bezeichnung “Ein tschechischer Sommernachtstraum” hat sich dieses Werk tatsächlich verdient. Und so, wie dieser Traum an der Wiener Staatsoper vom altersweisen Otto Schenk in Szene gesetzt wurde, weckt er in keiner Weise das Verlangen nach Deutungen oder aktuellen Regiemätzchen, obwohl gerade in diesem Werk die Probleme des Verhältnisses Mensch und Natur in so anschaulicher und geradezu fabulöser Weise vorgeführt werden.

Und mit Otto Schenk fühlte man sich zurückversetzt in so manche seiner alten Inszenierungen, in denen viel gehüpft und getänzelt wurde, hier im Wald war er wieder in seinem Element mit der durchaus gelungenen und witzigen Darstellung der kreuchenden und fleuchenden Waldbewohner. Man merkt den Sängerinnen und Sängern und den Kindern an, mit wieviel Spass sie an der Arbeit sind, auch wenn die tierischen Verkleidungen fürchterlich beengend sein müssen.

Mit den Besuchern der linken Seite der Saales hatte es der angeblich so erfahrene Regisseur aber schlecht gemeint, für diese waren sämtliche Wirtshausszenen nicht einsehbar, das raubt vieles der Wirkung des Abends! Da hätte er sich Tips vom Kollegen Peter Stein holen können, wie man in einem Logentheater Szenen auf der Bühne richtig positioniert, Änderungsbedarf wäre hier dringend von Nöten, es geht nur um wenige Meter!

Der eigentliche Szenestar ist jedenfalls Amra Buchbinder, der es gelang, Natur auf die Bühne zu bringen ohne kitschig zu wirken, man fühlte sich nahe den zu vermittelden Empfindungen des Komponisten.

Ebenfalls nahe beim Komponisten war der klangliche “Untersatz” dieses kompositorischen Traums Janáčeks und gerade die Waldszenen und die Traumsequenzen fanden in den impressionistischen Anklängen der Partitur ihre signifikante Wiedergabe durch das Staatsopernorchester unter der Leitung von Tomáš Netopil.

Als Wilddieb ein Feind aller: Paolo RUMETZ

Als Wilddieb ein Feind aller: Paolo RUMETZ

Sein Hausdebüt beging Roman Trekel, er spielt und singt den naturverbundenen Förster mit jener Unauffälligkeit und Liebe zum Detail, die auch seine fast erotische Annäherung an das Füchslein glaubhaft macht. Kein Wunder, steckt doch hinter dem schönen Fell der Titelrolle die zauberhafte Chen Reiss, ein zartstimmiges Füchslein tatsächlich zum verlieben, was dem Streuner der Hyanna Ko auch nicht verborgen blieb und mit auffallend schönen stimmlichen Mitteln und einem jungen, frisch gejagten Kaninchen als Mitbringsel zur zärtlichen und zielbewußten Annäherung führt.

Die Folgen dieser Liebesnacht im Tann bleiben nicht aus, Ilseyar Khayrullova als köstlich-spechtiger Standesbeamter traut das Paar, nachdem sie schnell noch aus der Rolle des Försterhundes schlüpfte. Die Zustände auf dem Hof des Försters sind letztlich für den aufgeschäuchten Hahn, urköstlich in Deklamation und Spiel von Heinz Zednik gestaltet, nicht die besten. Erst muß er sich Predigten des Füchsleins anhören, dann wird er kurzer Hand von ihm totgebissen, nicht ohne dass auch noch zwei Hühner daran glauben müssen. Simina Ivan ist eines der Opfer und Annika Gerhards überlebt ihr Debüt im Federkleid auch nicht lange.

So macht sich unser Füchslein in der Oberwelt nicht gerade beliebt, Donna Ellen als die Förstersgattin versucht ständig, ihren Gatten endlich vom Gebrauch der Schusswaffe zu überzeugen, nachdem auch die Hose des sekkanten Söhnleins draufgeht. Joseph Dennis und Markus Pelz sind weitere Debütanten in der “unmenschlichen” Welt als Schulmeister und Pfarrer mit ihren urmenschlichen Problemen. Und dann ist da noch der Trunkenbold Harašta, von Paolo Rumetz lebensecht als schießwütiger Jäger dargestellt, letztlich stirbt auch das Füchslein seinen Operntod. Traurig bleibt der Förster zurück, auch die lästige Debütmücke des Benedikt Kobel.

Alle die aufgezählten Solisten bilden ein hervorragendes Ensemble, gesanglich wie darstellerisch für dieses Werk, ein Sonderlob für alle Bären, Frösche, Heuschrecken, Grillen, Libellen, Hennen, Dachse und diejenigen, die dahinter steckten. Und der Wirt – Wolfram Igor Derntl – und Wirtin – Jozefina Monarcha – müssen noch erwähnt werden, ebenso der Eichelhäher der Seçil Ilker.

Chen REISS und Hyuna KO

Chen REISS und Hyuna KO

Naturgemäß ist so ein wichtiges Nebenwerk nicht ausverkauft, aber die Frage nach den 99 Prozent sollte hier, wo es um das Werk Janáčeks geht, nicht gestellt werden.

Anerkennender Applaus für alle Beteiligten an diesem Sonntagsnachmittag.

 

Peter Skorepa
MerkerOnline
Fotos: M.Pöhn/Wr.Staatsoper

 

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