WIENER STAATSOPER: LA SONNAMBULA am 22.2.2012
Ein schöner Opernabend ohne negative Begleitumstände. Nach den tieftraurigen Erlebnissen beim „Villazon-Liebestrank“, die wir als künstlerisches Begräbnis dieses früher einzigartigen, sympatischen Sängers empfunden und betrauert haben, wurden wir gestern mit einer „La Sonnambula“ von Bellini auf recht hohem Niveau verwöhnt.
Die Basis legte wieder einmal ein Staatsopernorchester, das von Evelino Pido feinfühlig – allerdings nicht sehr temperamentvoll – geleitet wurde.
In der nun auch schon über zehn Jahre alten Marelli-Inszenierung funktioniert die Handlung – auch Dank einer nach wie vor guten Personenführung – sehr gut und erlaubt dem hervorragend einstudierten Staatsopernchor Stimmungen auszudrücken und die Handlung weiterzutragen. Die Verlegung vom Wirtshaus in die Kuranstalt schadet der Geschichte nicht, bringt aufgrund der großen Räume gute Gestaltungsmöglichkeiten, die stimmig und konsequent genutzt und bis zum Schluss durchgehalten werden.
Ekaterina Siurina hat uns mit ihrer schauspielerischen und gesanglichen Gestaltung der Amina berührt. Die verschiedensten Stimmungen – vom unbedeutenden Zimmermädchen über die im Mittelpunkt stehende Braut, vom enttäuschten, verunsicherten Häufchen Elend bis zur selbstbewussten jungen Frau, die sich endlich von dem „Dreckskerl“ Alvino emanzipiert – werden von ihrem in allen Lagen sicheren und gepflegt klingenden Koloratursopran ausdrucksvoll gestaltet. Die noch immer mädchenhafte Stimmfärbung passt sehr gut zur Rolle.
Lawrence Brownlee, den wir zum ersten Mal hörten, erfüllte die hohen Erwartunen und reiht sich würdig in die Reihe der erfolgreichen Rollenvorganger als Alvino (Antonio Siragusa und Juan Diege Florez) ein. Sein heller Tenor di grazia klingt überraschend groß – das etwas störende Vibrato wäre gar nicht nötig – und traumhaft sicher und schön. Hoffentlich hört man ihn in Zukunft öfters in Wien.
Dan Paul Dumitrescu konnte in der Rolle des edlen Grafen Rodolfo seinen wunderschönen gütigen Bass präsentieren – endlich eine Traumrolle für ein verlässliches Ensemblemitglied, das meist in Mini-Rollen zu hören ist.
Wie meistens waren auch die kleineren Rollen wieder luxuriös aus dem hervorragenden Ensemble besetzt:
Valentina Nafornita gestaltet die abgelegte Geliebte verschlagen und zickig – gesanglich hat sie die Lisa – mit geringen Routineproblemen – gut drauf. Sie wird bestimmt bald die Lockerheit, die aus der Sicherheit kommt, kriegen. Diese lockere Sicherheit verströmte Aura Twarowska als Teresa; überzeugend in Gesang und Spiel. Tae-Joong Yang als Alessio sorgte dafür, dass es an diesem Abend keinen Schwachpunkt gab.
Besonders eindrucksvoll war gestern wieder einmal der Zusatzchor aus der Lungenheilanstalt. Ein mächtiger Charakterbariton auf der Galerie lieferte Huster in Blechbläserlautstärke und wurde zart begleitet von einem stimmungsvollen Handy-Klingelton aus dem Parkett. Jetzt wissen auch wir, warum die Handlung in eine Kuranstalt verlegt wurde.
Maria und Johann Jahnas