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WIEN/ Staatsoper: LA FORZA DEL DESTINO

15.01.2012 | KRITIKEN, Oper

WIEN/ Staatsoper: LA FORZA DEL DESTINO am 14.1.2012

Das Schicksal wendet sich zum Guten: Wenn man im Rahmen des Verdi-Schwerpunktes im Jänner zu „La forza del destino“ geht, weiss man, was man von der zum Teil haarsträubenden Inszenierung von David Pountney zu erwarten hat. Besonders nach der Pause, wenn sich die Handlung in und auf das unsinnige Baugerüst verlagert und beim Sado/Maso-Ballett der Krankenschwestern mit den Kriegsversehrten fällt es schwer, eine wohlwollende Stimmung aufrecht zu erhalten. An den Video-Vorspann von „fettFilm“ und an die multifunktionale schiefe Ebene haben wir uns inzwischen gewöhnt und können damit ganz gut leben.

Dass diese „La forza“ trotzdem ein grossartiges Erlebnis wurde, liegt ausschliesslich an der musikalischen Umsetzung:

Jesus Lopez-Cobos erweist sich als kompetenter Kapellmeister, der keine Scheu vor mächtigen Ausbrüchen hat – Verdis schicksalschwere, eindringliche, geniale Musik wird vom ersten bis zum letzten Ton spannungsvoll präsentiert. Dies gelingt natürlich nur dank eines perfekt aufspielenden Staatsopernorchesters – besonders die Blechbläser und die Soloinstrumente erzeugten „Gänsehaut“.

Violeta Urmana ist aufgrund ihrer Mezzo-Vergangenheit eine ganz hervorragende Leonore. Man erkennt bei ihrer Interpretation, wie schön die tiefen Passagen klingen können. Wo manche Sopranistinnen in Sprechgesang verfallen müssen, singt sie mit voller, tönender Stimme.

Diesmal von Beginn an eine feine Leistung mit einer kleinen persönlichen Einschränkung: Den Beginn der „Pace-Arie“ hat man schon ausdrucksvoller gehört.

Alberto Gazale ist ein bekannt zuverlässiger Don Carlos und Aquiles Machado beweist als Alvaro, dass das kurzfristige Einspringen auch zu beglückenden Ergebnissen führen kann. Sein metallischer, traumhaft sicherer Tenor kommt ohne störende Manierismen aus, vermittelt aber sehr wohl die nötige „Italianita“.

Ein besonderer Glücksfall ist die Kombination der beiden: Gazale und Machado haben mit diesen anspruchsvollen Partien keinerle Probleme, singen ausdrucksvoll, locker – man hat nie Angst, dass irgend etwas passieren könnte. Das eigentliche Erlebnis ist der gemeinsame Klang – wenn zwei wunderschöne Einzelstimmen so verschmelzen ist das Ergebnis mehr als die Summe der Einzelteile. Man wird an Björling/Merill bzw Schreier/Adam erinnert.

Diese Stimmverschmelzung war auch bei Violeta Urmana und Ain Anger vorhanden. Ain Anger hat als Marchese di Calatrava/Padre Guardiano hörbar eine persönliche Traumrolle gefunden – sein mächtiger, dunkler Bass erlaubt ihm, die unterschiedlichen Stimmungen dieser Rollenkombination eindrucksvoll darzustellen.

Eine unglaubliche Weiterentwicklung war von Nadja Krasteva als Preziosilla zu erleben. In der Premierenserie hatte man noch den Eindruck, dass sie diese Rolle gerade noch – sozusagen auf den letzten Drücker – schafft; heute ist sie voll angekommen und singt diese „Mörderpartie“ souverän, ohne Bruch aus dem Alt bis in höchste Höhen – GRATULATION!

Zu einem beeindruckenden Opernabend gehören natürlich auch gut besetzte Nebenrollen. Hier wurde uns luxoriöses geboten: Tomasz Konieczny (Fra Melitone) sang diesmal KEINEN Alberich und versuchte mit Erfolg seine schauspielerische Ausbildung einzubringen. Wolfram Igor Derntl als Mastro Trabuco liess wieder einmal durch seine sehr gute Leistung aufhorchen – wir hoffen, ihn bald auch in grösseren Rollen erleben zu dürfen. Elisabeta Marin (Curra), Michael Wilder (Alkalde) und Marcus Pelz (Chirurgus) trugen zum guten Gesamtergebnis bei.

Alles in allem ein besonderes musikalisches Erlebnis, das man ohne weiteres auch zum Genuss auf budgetschonenden Hörplätzen empfehlen kann.

Maria und Johann Jahnas

 

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