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WIEN/ Staatsoper: LA FANCIULLA DEL WEST – „ohne Karl May-Romantik“

10.10.2013 | KRITIKEN, Oper

WIENER STAATSOPER 8. 10. 2013″LA FANCIULLA DEL WEST“ – Ohne Karl May Romantik

 Aber dennoch eine spannende Erzählung dieser Geschichte. Die Zeitversetzung stört wenig bis gar nicht. Es zeigt einfach eine Gesellschaft von gestrandeten Menschen, die um ihre Ausweglosigkeit wissen, sie wegsaufen, wegspielen oder auch wegballern und – schlagen müssen. Könnte auch auf einer Bohrinsel sein. Dazwischen steht Minnie, eine „Beiselwirtin“, also so jung kann die nicht sein, sonst hätten diese Typen nie so viel Respekt vor dieser Frau, die versucht,  bei diesen Menschen zu retten mit Unterricht und Bibelstunde,  was noch möglich ist.

Alles das wird sehr gut vom Team Marc Arturo Marelli und Dagmar Niefind in ausgezeichneter Personenregie und Bühnenbild  –  Marelli und in passender, wenn nicht immer „schöner“, wie denn auch,  Gewandung  –  Niefind umgesetzt. Marelli ist einer der wenigsten Regisseure, der auch mit Chormasse umgehen kann und sie nicht zum „Ölgötzenstehen“ verdonnert. Somit waren alle Szenen des ersten Bildes wirklich belebt und zeigten diese triste Milieu so,  wie es sein soll. In die Mode von heute, die der „Westernkleidung“ ja sehr ähnlich ist.

 Franz Welser-Möst, für mich im Wagner und Strauss-Fach einfach ideal, findet sich bei Puccini besser zurecht als bei Verdi. In starken Fortestellen ist Rücksichtnahme auf die menschliche Stimme nicht gerade seine Stärke, da gibt es weit sensiblere Kollegen. Aber auf die Tonmalerei Puccinis geht er voll ein.

Das „Liebespaar“ der Vernunft ist natürlich mit Nina Stemme und Jonas Kaufmann eine Bank. Die Stemme, für mich derzeit die beste Isolde, hat mit dem italienischen Stil immer wieder Probleme, da die Stimme unruhig flackert. Sie bot aber dennoch eine Spitzenleistung, weil diese Rolle ist ein „Beuschelreißer“. Mich stören die Kleidung  und auch die rote „Pumucklperücke“ kein bisschen, die Frau hat vielleicht die Abstammung von den britischen Inseln oder Irland, diese Haarfarbe fällt dort aber nie auf. Dass sie um das Wirtshaus zu führen keinen Sexylook trägt, ist wohl logisch, als einzige Frau in der rohen Männergesellschaft. Weil, haben tut sie es sehr wohl, wenn sie sich für Dick schön macht. Und dieser fesche Dick Johnson, der natürlich Ramerrez, der Bandit ist, wird von Jonas Kaufmann nicht nur herrlich gesungen, sondern so großartig gespielt, das er den Vergleichen mit seinen Vorgängern in nichts, aber schon gar nichts nachsteht. Im ersten Akt hat er außer seinen schauspielerischen Fähigkeiten noch nicht viel zu zeigen, aber im zweiten Akt geigte er voll auf. Und das „Chella mi creda“ im dritten Akt war einfach sensationell – ein Beweis, mit welcher Kultur, weg vom gebräuchlichem Forte-Stil,  man es singen kann (das war schon an di Stefano). Der Sheriff Jack Rance, eine sehr unangenehme Figur, sehr dem Scarpia ähnlich, spielt Tomasz Konieczny sehr gut. Die Musik Puccinis scheint ihm aber doch sehr fremd zu sein. Weil auch die Phrasen des unglücklichen Verliebten brauchen etwas Schmelz, das ist nie und nimmer seine Sache. So bleibt es bei einer sehr bemühten Leistung, er kommt aber an diese beiden Partner musikalisch nicht heran. Ashby, ein Geschäftsmann, wurde von Paolo Rumetz gesungen, da war nicht so erfreulich. Ein sehr erfreuliches Wiedersehen und -hören gab es mit Boaz Daniel als sympathischen Sonora, der einzige der „Bande“, der etwas Grips hat. Alessio Arduini sang hervorragend den Bänkelsänger Jake Wallace, der aus dem Radio klingt und spielte mit viel Temprament den Räuber Jose Castro. Das Indianerpaar billy Jackrabbit und Wowkle sangen und spielten in den passenden Kostümen sehr ordentlich Jongmin Park und Juliette Mars. Die vielen Arbeiter, jeder ein Schicksal für sich, waren Trin/Michael Roider, Sid/Hans Peter Kammerer, Bello/Tae-Joong Yang, Harry/Peter Jelositis, Joe/Carlos Osuna, Happy/Clemens Unterreiner und Larkens/Il Hong zeigten auf wie gut das Ensemble ist und speziell Clemens Unterreiner wäre eine Empfehlung für Sonora.  Wolfram Igor Derntl sang schön den Postillion, und machte so manchen mit der überbrachten Nachricht wenig Freude.

Wie meist sehr gut sang der Herrenchor, der auch gut spielte,  einstudiert von  Thomas Lang.

Der Heißluftballon am Ende, macht das ganze menschlicher, weil das Happyend ist so unglaubwürdig …..und Jack Rance kann immer noch in den Ballon schießen.

 Die letzte Produktion hielt sich leider nicht gut am Spielplan, wünschen wir der neuen das Beste.

Elena Habermann 

 

 

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