Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN / Staatsoper „LA BOHÈME“ in „Starbesetzung“

05.12.2013 | KRITIKEN, Oper

Wiener Staatsoper
“LA BOHÈME”
4.Dezember 2013 
403.Aufführung in dieser Inszenierung

 

Angela Gheorghiu und Vittorio Grigolo bei der Probe

Angela Gheorghiu und Vittorio Grigolo bei der Probe

“Superstar Angela Gheorghiu, the most glamorous and gifted opera singer of our time”. So liest sichs im Internet, und dieser Superstar gastiert diesmal wieder an der Staatsoper und damit dieser nicht so allein an der Spitze stehen muss, hat man ein männliches Superstar-Gegenstück dazu engagiert, nämlich den hochgelobten und vom Feuilleton auf eine Vergleichsebene mit Luciano Pavarotti hochgehievten Vittorio Grigolo. Dazu ergänzten Sänger des Ensembles unseres Hauses die Besetzungsliste. Aber leider, es ist wie beim Kochen, die besten Rezepte nützen wenig, wenn man auf die Qualität der Zutaten und vor allem die geschmacklichen Kombinationen nicht genügend achtet.

Muss sich eine aparte Sängerin, deren stimmlicher Einsatz eher sparsam wirkt, zugegebenmaßen aber auch mit zarten, gefühlvollen Phrasen kokettiert und die mit kühler aber sauberer Phrasierung ihre Mimi gestaltet, muß sich die derart von einem gefühllosen Tenor niederbrüllen lassen? Vor allem in den ersten Akten bringt es Grigolo nur zu einer Einheitslautstärke mit Neigung zum Vibrato, das der Stimme einen eher häßlichen Klang verlieh, den Duetten die Harmonie raubte und der Sopran leider erbarmungslos niedergewalzt wurde. Wenigstens die Sterbeszene gelang wunderbar, hier zeigte die Gheorghiu sich am ehesten bereit, ihren Sopran zwischen ausdrücklicher Dramatik und minimalistischer Emphase voller wirken zu lassen. Und Grigolo war mit seinen “Mimi”-Rufen endlich kurz in seinem Element. Aber sonst war tenorales Auftreten mit ausladenden Gesten seine einzige angebotene Stärke, während das Spiel von Mimi in seiner Innigkeit eigentlich den Status eines Superstars Lügen strafte. Ansonsten phrasierte Grigolo wenigstens passabel, das berühmte Hohe C war etwas weniger hoch und von einer berühmten Träne in der Stimme war kaum eine Spur. Auch die gemeinsame große Mühsal von Sopran und Tenor, das Hohe C im Stiegenduett zu schaffen, war den Beiden anzuhören.

39_290

Von dem Studentenquartett fiel Dan Paul Dumitrescu aus dem Rahmen, weil er seine kurze Arie sehr schön und applaustreibend sang, optisch erschien er jedoch für diese seltsame WG zu alt. Sowohl Gabriel Bermudéz als Marcello als auch Tae-Joong Yang als Schaunard konnten gesanglich nicht reüssieren, der Sprung des Letzteren vom Tisch war natürlich sehenswert, während das Duett Tenor-Bariton im vierten Bild musikalisch zerfiel.

Ja, die effektvollste Dame des Abends war die spielfreudige Musetta der Valentina Nafornita mit ihrer immer größer werdenden Stimme, der es nur noch an der Tiefe mangelt. Und Wolfgang Bankl war als Benoit als auch als Alcindor mit Erfolg bei der Sache, während Martin Müller seinen Parpignol eher in die Szene als in den Zuschauerraum singen sollte. Und ganz süss sang der oder die Kleine, die bei Parpignol um Spielzeug bettelt. Warum darf dessen oder deren Name nicht auf den Programmzettel?

Philippe Augin dirigierte gediegen aber nicht mehr, von einem Teil des Hauses am Ende mit nicht ganz nachvollziehbaren und heftigen Buhs bedankt, Orchester und Chor der Wiener Staatsoper waren in gewohnt guter Form.

Viele Karten wurden noch vor Beginn vor dem Eingang des Hauses angeboten, der Stehplatz auf der Galerie war nicht ganz voll, beides Indikatoren für die qualitative Einschätzung dieses im Feuilleton so heftig angekündigten „Startheaters“ seitens des Publikums.

Zuletzt freundlicher Applaus, für den sich der Sopran mit viel Gewinke bedankte, schlussendlich wurde sie auch noch vom Tenor auf Händen vor den Vorhang getragen (Man stelle sich diese Szene an der Rampe mit der Caballé vor!)

 

Peter Skorepa
MERKEROnline
Bild: Facebook Angela Gheorghiu
und Staatsoper/Pöhn

 

Diese Seite drucken