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WIEN/ Staatsoper: IL BARBIERE DI SIVIGLIA – Unausgewogene Bilanz

04.11.2012 | KRITIKEN, Oper

Wiener Staatsoper: UNAUSGEWOGENE BILANZ BEI “IL BARBIERE DI SIVIGLIA“ (3.November 2012)

Sie gilt als Geheimtipp im Mezzo-Fach, die junge irische Sängerin Tara Erraught, die in Dublin studierte und die beim Belvedere-Wettbewerb in Wien international entdeckt wurde – und in Hamburg bereits als neue Cenerentola gefeiert wurde. Und in der Tat – die attraktive Sängerin hat eine intensive Bühnenpräsenz, die Höhe ist eindrucksvoll, die Rossini-Koloraturen kommen „wie am Schnürchen“ und sie kann den Wiener Barbier durchaus als Erfolg verbuchen. Freilich geht ein Teil der Wirkung zu Lasten der Mittellage und Tiefe. Hier kommt wenig authentischer Klang zustande, hier wird kaschiert und technisch zugedeckt. Und dadurch sind die Register-Übergänge schon jetzt allzu deutlich zu hören. Ich will mir gar nicht vorstellen, wie die in 10 Jahren klingen werden! Immerhin Tara Erraught ist eine durchaus erfreuliche neue Rosina, sie ist sehr „heutig“, ein Temperamentsbündel.

Und doch hat am Ende den größten Zuspruch des Publikums einmal mehr Adrian Eröd in der Titelrolle. Sein Figaro ist allerdings auch schon etwas „graumeliert“ geworden- Beckmesser und Loge lassen grüßen. Natürlich bewältigt er die anspruchsvolle Rolle souverän, aber der Glanz der Höhe hat nachgelassen, dafür wirkt sein bubenhafter Charme offenbar zeitlos. Leider kann der Tenor des Abends, der Argentinier Juan Francisco Gatell, weder mit Eröd noch mit Tara Erraugth mithalten. Sein kopfiger, enger Tenor ist für die Wiener Staatsoper einfach nicht ausreichend. Immerhin kann er schauspielerisch mithalten – aber das ist denn doch zu wenig. Großen Erfolg haben hingegen Alfred Sramek als menschlich berührender Bartolo mit einzigartigem Parlando, der rumänische echte Bass Sorin Coliban als scheinheiliger Basilio und die engagierte Marzellina von Olga Beszmertna. Marcus Pelz ist ein erfreulicher Fiorello.

Am Pult des Staatsopern-Orchesters bewährt sich Jean Christophe Spinosi, den man im Theater an der Wien schätzen gelernt hat. Der Korse ist auch im Haus am Ring eine Bereicherung. Und die relativ kleine Delegation des Staatsopern-Chores hat offenbar an der 382. Reprise der unverwüstlichen Inszenierung von Günther Rennert (Ausstattung Alfred Siercke) seine ungetrübte Freude. Das Publikum hielt sich an das Positive und das war –trotz unausgewogener Gesamtbilanz – denn doch sehr viel.

Peter Dusek

 

 

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