Il Barbiere di Siviglia. Wiener Staatsoper, 2.10.2013
Nach wie vor gehört eine gute Vorstellung des “Barbiere” in der alten Rennert-Inszenierung zu den Abenden, nach denen man mit einem Lächeln nach Hause geht. Die gestrige Aufführung gehörte auf jeden Fall dazu.
Lucas Meachem kann schon auf eine sehr erfolgreiche Karriere, besonders in den USA, zurückblicken und erhielt beim Schlussapplaus begeisterten Zuspruch des Publikums. Sein Figaro ist ein sehr „erdiger“ und körperlicher, der immer die Fäden in der Hand hat. Meachem kann mit einer profunden Tiefe in der Stimme aufwarten und konnte auch die Staatsoper ausfüllen. Zu Beginn des Abends gab es Abstimmungsprobleme mit dem Orchester (aber die gab es nicht nur mit Meachem, auch Catell musste zu Beginn mit Michael Güttler erst das richtige Tempo suchen) und „Largo al factotum“ wurde von ihm auch etwas „lässig“ gesungen. Allerdings steigerte er sich im Laufe der Vorstellung sehr und wusste auch schauspielerisch zu überzeugen.
Juan Francisco Gatell ist ein typischer „Tenore di Grazia“. Natürlich bietet sich automatisch ein Vergleich mit JD Flórez an – Gatell hat ein ganz leichtes Vibrato, allerdings kann ist sein Timbre nicht so „weiß“ wie das des Peruaners mit österreichischer Staatsbürgerschaft, sondern er kann mehr Zwischentöne gestalten. Während seine erste Arie noch etwas unentspannt gewirkt hat – wie oben besprochen gab es Uneinigkeiten, die das Tempo betrafen, wurde er lockerer. Manchmal, besonders im 2.Akte, wirkte er ein wenig angestrengt.
Kann man sich den Barbiere in Wien ohne den Bartolo von Alfred Sramek vorstellen? Selten wurde in den letzten Jahren eine Rolle so sehr mit einem Sänger in Verbindung gebracht wie diese. Mit den Jahren hat sein Bartolo eine gewisse resignative Altersweisheit gefunden – ich empfinde seine Darstellung als sehr „wienerisch“. Srameks Stimme ist absolut in Ordnung und es bleibt zu hoffen, dass er noch viele weitere Jahre sein Publikum mit den Gags verwöhnt, die man zwar alles schon kennt, aber nichtsdestotrotz immer wieder gerne sieht.
Enorme Fortschritte was das Volumen und die Stimmbreite betrifft, kann man Sorin Coliban konstatieren. Ihm macht diese Rolle sichtbar Spaß und bei „La Culunnia“ ließ er die Kanonen so richtig dröhnen.
Gespannt erwartete ich den Auftritt von Roxana Constantinescu, die ich seit der Don Giovanni-Premiere nicht mehr gehört hatte. Der große Publikumszuspruch nach dem Ende der Vorstellung unterstrich, dass ihr die Rosina viel besser liegt als die Elvira. „Una voce poco fa“ habe ich schon lange nicht mehr so überzeugend gehört. Keine Probleme mit den Koloraturen und – was auch wichtig ist – eine wirklich überzeugende Tiefe kombiniert mit einem ganz lieben, kokettem Auftreten machen Lust auf weitere Auftritte von ihr in dieser Rolle.
Donna Ellen, eine der großen Stützen des Ensembles, gab der Marcellina eine mütterliche Note. Ihre Warmherzigkeit strahlte bis zur Galerie herauf.
Mihail Dogotari fiel als Fiorello nicht weiter auf – was man aus dieser kleinen Rolle machen könnte, hat Clemens Unterreiner schon hinlänglich bewiesen. Bei Dogotaris Performance ist auf jeden Fall noch Luft nach oben.
Das Staatsopernorchester unter Michael Güttler begann sehr schwungvoll und der Dirigent konnte nach einigen Anlaufschwierigkeiten Orchestergraben und Bühne schlussendlich doch sehr gut kombinieren.
Alles in allem ein vergnüglicher Abend, den die Besucher genossen. Es waren zwar einige Stehplätze nicht belegt, das tat der guten Stimmung aber keinen Abbruch.
Kurt Vlach