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WIEN/Staatsoper : Giuseppe Verdi MACBETH

26.10.2019 | KRITIKEN, Oper

Gezeichnet von Ängsten und Verfolgung; Der Macbeth von PLACIDO DOMINGO 2019 in der Wiener Staatsoper (Foto:M.Pöhn)

WIEN / Staatsoper
Giuseppe Verdi  MACBETH

Freitag, 25.10.2019   Kurzbericht
22. Aufführung in dieser Inszenierung

 

Macbeth auf Rehabilitation

 

Keine Frage, auf „sein“ Wiener Publikum kann sich Placido Domingo verlassen. Nach anfänglich unvermeidlicher Nervosität war der Bann gebrochen, der sichtlich abgespeckte „Büßer“ konnte mit den noch immer ansehnlichen und beachtlichen vorhandenen Mitteln seines eingedickten Tenors überzeugen, dass man mit ihm nicht nur das würdige, aber nicht ganz fleckenreine Denkmal einer triumphalen Vergangenheit zu einer Rehabilitation nach so unterschiedlichen und für eine  Beurteilung herbeizitierter „Un-Taten“ auf die Bühne zurück kehren lässt, sondern konnte auch überzeugen, ihn in entsprechenden Partien der „neuen“ Stimmlage seiner Spätkarriere noch immer einsetzen zu können.

Es war also ein Abend für Domingo – durchaus auch gesanglich – der sichtlich gerührt dem Jubel seines Publikums nach seiner großen Arie im letzten Akt und jenem beim Schlussapplaus mit einiger Erleichterung lauschen konnte. Ein Freispruch in Abwägung des Geschehenen und dessen vorhandenen oder unklaren Beweisen und eine Entscheidung gegen die unkritische Androhung des „Stricks“ in der Manier westlich des Atlantiks war also in Letztinstanz vom Publikum getroffen worden.

Keine Frage aber auch, dass das, was da unter der Bezeichnung Repertoire an diesem Abend in der Staatsoper stattfand zu dem zählte, was unlängst in der Kritik eines Wiener Rezensenten des „Der Merker“ als eine „Aufführung mit viel Dämmerschein“ bezeichnet wurde.

Da wäre zunächst der debütierende Giampaolo Maria Bisanti am Pult der Restharmoniker, der ebenfalls mit der von dem Wiener Kritiker Hans Weigel erfundenen Bezeichnung „Krawallmann“ geehrt worden wäre. Auch wenn der Haupttross der Wiener Philharmoniker auf Dienstreise in Asien weilt, so einen heruntergedroschenen Verdi hat sich das Haus nicht verdient. Ein ausdrückliches Lob dem Chor der Staatsoper, die bei den Hexenszenen der Tempobolzerei des Dirigenten standhalten konnte. Nun gibt es Maestri, die das noch schneller können – etwa Muti – aber mit dem Orchester ein lockeres Klangbild zu erzeugen in Stande sind. Aber leider, laut und schnell, das zieht beim Publikum ja doch am allerbesten.

Tatjana Serjan als Lady: was sie in der Tiefe schuldig bleibt, macht sie in den Höhen mit übermäßiger Lautstärke oder schrillen Tönen wett, erst in ihrer Sterbeszene findet sie auch zu leiseren Phrasen. Bei den an diesem Hause aufgetretenen Sängerinnen scheint sie jedenfalls nicht in den ersten Rängen auf. Schon Christa Ludwig hat in der Premiere 1970 unter Karl Böhm gezeigt, wie man mit Geschmack und Stil dieser Partie gerecht wird. Der Mitschnitt des Rundfunks bestätigt das nur.

Und der neben Domingo zweite Debütant, der in der Rolle des Banquo agierende Ryan Speedo Green konnte nur traurig daran erinnern, dass in der Staatsoper einst diese Partie eines Ghiaurovs, Fricks, Giaiottis, Ridderbuschs´, Nesterenkos oder Rydls wert war. Mehr ist da wohl nicht zu sagen. Jinxu Xiahou hat seinen Macduff gut gelernt, Carlos Osuna war der verlässliche Malcolm.

Man wird nicht glücklich bei dem Gedanken, dass das, was da unter dem Namen Regie von Christian Räht läuft, auch weiterhin als Dramatisches von Verdi und letztlich von dem von ihm verehrten Shakespeare gezeigt werden wird. Genau genommen und kurz formuliert ist das Gebotene (vielleicht mit Ausnahme der ganz praktikablen Burg von Macbeth, für die Gary McCann zuständig war) eine Beleidigung wegen dieser Einschätzung der Publikumserwartung durch das Leading Team, ein Versagen Theatralischer Phantasie.

Peter Skorepa
OnlineMerker

 

 

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