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WIEN Staatsoper : Giacomo Puccini TOSCA

Ein Cavaradossi zum Niederknien

15.02.2019 | KRITIKEN, Oper

Der umjubelte Cavaradossi von Piotr BECZALA (Gemälde: Cavaradossi, Foto: M.PÖHN)

Ein Cavaradossi zum Niederknien
Zur 608. Aufführung von Puccinis Tosca in der Wallmann – Inszenierung der Wiener Staatsoper
Donnerstag, 14. Februar 2019         Von Manfred A.Schmid

 

Das stimmlich wie auch darstellerisch überzeugendste Opernereignis der bisherigen Saison ist – was das Repertoire betrifft – erwartungsgemäß auch am dritten Abend mit der laufenden Vorstellungsserie  von Puccinis melodramma, das in aller Frische und Intensität zu bewundern ist. Was hier geboten wird, ist zum Niederknien schön – im vorliegenden Fall hat diese ehrfurchtsvolle Formulierung ihre volle Berechtigung.  Geboten wird ein packendes, unter die Haut gehendes Kammerspiel, das von starken leidenschaftlichen Gefühlen geprägt ist:  Liebe, Hass, Eifersucht und gefährliche Brutalität halten das Geschehen vom Anfang bis zum Schluss in fesselnder, vibrierender Hochspannung. Und die farbenprächtige, effektvoll instrumentierte Musik ist mit Marco Armiliato am Pult des Staatsopernorchesters wieder in besten Händen. Er ist, besonders im italienischen Repertoire, seit Jahren der Garant für funkensprühende Opernabende – und wird von Mal zu Mal besser.

Thomas Hampson als ebenso eleganter wie abgrundtief böser Baron Scarpia strotzt vor imponierender Präsenz und liefert das beklemmende Porträt einer bipolaren Persönlichkeit, die über Leichen geht. Stimmlich geht er allerdings an seine Grenzen. Das macht die von ihm in höchster Erregung ausgestoßenen Töne aber umso bedrohlicher. Als er schließlich tot vor Floria Tosca am Boden liegt, stellt sie – nicht ohne Stolz und Erstaunen – lakonisch fest: „Und vor diesem Mann zitterte ganz Rom.“

Die Titelpartie der launenhaften, in ihrem Gefühlsleben zwischen Liebe und Eifersucht hin und hergerissene Diva, ist Sondra Radvanovsky anvertraut. Mit ihrem warmen, mit einem einnehmenden Vibrato ausgestatteten Sopran  zieht sie in  „Vissi d´arte, vissi d´amore“  eine berührende Bilanz ihres bisherigen kurzen, ausschließlich der Kunst und der Liebe gewidmeten Lebens. Wie sie sich dann in höchster Bedrängnis dazu aufrafft, Scarpias verbrecherischen Machenschaften ein Ende zu bereiten, und ihn ersticht, geschieht mit großer darstellerischer Hingabe.

Wenn auch Tosca naturgemäß der dramaturgische Mittelpunkt des Beziehungsdramas ist, den gesanglichen Höhepunkt des Abends liefert wiederum Piotr Beczala als der von ihr geliebte Maler Cavaradossi. Schon seine erste Arie „Recondita armonia“ wird begeistert akklamiert, und es scheint dann fast, als ob nun alle nur mehr gebannt auf seinen Abgesang „E lucevan le stelle“ warten würden, der dann, hinreißend dargeboten und wieder mit tosendem, langanhaltendem Applaus bedacht, erwartungsgemäß wiederholt werden muss. Das wird garantiert auch bei der Abschlussvorstellung am 17. Februar der Fall sein, denn das Dacapo ist in dieser Konstellation sozusagen bereits vorprogrammiert:  Man kann diese Arie anders singen, schöner derzeit wohl kaum.

Der gesangliche und darstellerische Impetus der Protagonisten, die beim Schlussapplaus stürmisch gefeiert werden, kann zuweilen auch die übrigen Mitwirkenden zur Leistungssteigerung anregen. Das trifft vor allem auf Ryan Speedo Green zu, der als von den Schergen Scarpias gehetzter Angelotti Panik und Todesangst gut über die Bühne bringt. Erwähnenswert ist weiters Maryam Tahon von der Opernschule als berührend singender Hirte.

Manfred A. Schmid

 

 

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