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WIEN / Staatsoper Giacomo Puccini TOSCA

GLANZ UND ELEND IN EINEM HAUS UND EIN DACAPO

11.02.2019 | KRITIKEN, Oper

Tosca und Cavaradossi in verliebter Pose: Sondra RADVANOVSKY und Pitr BECZALA (Foto: M.Pöhn)

WIEN / STAATSOPER

Giacomo Puccini   TOSCA

Sonntag 10. Februar 2019
607. Aufführung in dieser Inszenierung


GLANZ UND ELEND IN EINEM HAUS UND EIN DACAPO

Kaum 24 Stunden waren vergangen und in der Wiener Staatsoper konnte schon wieder soviel Glanz, Jubel und Stimmung auf eine vergeigte Premiere folgen, so dass sich das Publikum von der „evidenza della situazione“ eines Komponisten mitreißen ließ, von Puccinis musikalischer Atmosphäre seiner TOSCA und von der Ausstrahlung eines Künstlertrios, nämlich mit einem, an einem solchen Abend gleich doppelt animierten Maestro und einem umjubelten Hauptrollenpaar

Man war dem matten Produktionsentwurf einer romantischen italienischen Oper Donizettis bei der vorabendlichen Premiere mit Enttäuschung, Ratlosigkeit, Langeweile gefolgt und letztlich – dies alles aus Gesprächen mit Besuchern oder unseren Forumsbeiträgen entnommen und letztlich dem schmerzhaften Selbstversuch, sprich Vorstellungsbesuch folgend – zur Erkenntnis gelangt, dass das viele Geld für eine Neuinszenierung beim Fenster des Teesalons hinausgeworfen wurde. Damit wurde aber die Erkenntnis, die man am vorgestrigen Premierenabend zum wiederholten Male gewonnen hatte, es folge fast nie besseres nach, nur gefestigt und jede Direktion sei angefleht, diese Inszenierung der Tosca erst dann auszuwechseln, wenn dazu ein begnadetes Regietalent auftaucht. Aber wenn man den Stimmen der Gerüchte folgt, ist die nächste Intendanz bereits eher heftig bemüht, alte inszenatorische Meisterleistungen einer Wiederbelebung zu unterziehen, um jüngste Fehlleistungen auszuwechseln. Aber das ist ein anderes Kapitel.

Zurück zu Puccini: Der Maestro des Abends war, wie so oft Marco Armiliato, der aus der bereits in seinem Kopf verankerten Partitur die Dramatik des Stückes sowie die schwelgerische Lyrik der tragischen Liebeshandlung vermittelte und das Staatsopernorchester folgte mit hörbarem Einsatz. Wenn es so etwas wie die Eloquenz dirigierender Hände gibt, dieser Dirigent hat sie.

In der Titelrolle Import aus der fernen Metropolitan Opera, aber nicht nur aus dieser bringt die in Chicago geborene Sandra Radvanovsky weltweite Erfahrung aus dem dramatischen Sopranfach der italienischen Oper ein. Mit ihrer großen, warmen Stimme meistert sie auf unprätentiöse Weise alle Seiten dieser Partie: die Liebesschwüre, die eifersüchtigen Anklagen, die flehenden Bitten an Scarpia im sogenannten Gebet, die Schilderung des Mordes mit einem siegreich gesetzten „Messer-C“. Und sie erinnert auch an die erste Tosca dieser Inszenierung nicht nur mit ihrem gesanglichen Ausdruck, sondern auch im Aussehen: an Renata Tebaldi. So etwas wie gewollte Heiterkeit angesichts des Todes erntet sie für den an Cavaradossi gerichteten „Unterricht“ im Verhalten beim Erklang der vermeintlich simulierten Gewehrsalve des Hinrichtungspeletons.

Doch die Salve ist echt, Cavaradossi macht seine Sache aufregend, denn mit Piotr Beczala hat in dieser Rolle, was edles Auftreten und opferbereites Revoltieren, aber auch die stimmliche Leistung seines ausgereiften Materials anlangt, der Sänger inzwischen die Spitzenklasse erobert. Ich glaube, dass ihm heute kaum jemand sein „E lucevan le stelle“ so nachsingt. Und er hat sich und das Publikum mit einem „Bis“ zu Recht belohnt. Auch die Acuti dieser Partie (La vita mi costasse und das Vittoria) setzte er hörenswert um. Dazu die unvergleichlichen dolci mani.

Für Thomas Hampson war der mit dramatischem Impetus auftretende Scarpia des ersten Aktes in seinen besten Zeiten schon ein Grenzfall, erst Recht heute, wo der Sänger bereits im siebenten Lebensjahrzent steht. Aber mit diesem Problem ist er nicht alleine, dafür hat er im zweiten Akt seine Chance zu zeigen, wie fies und lüstern er den Polizeichef anlegen kann. Frau Radvanofsky ist bemüht, sich ihn mit drei Messerstichen vom Leib zu halten, er stirbt darauf martialisch und nicht wenige Smartphones glimmen im Saal auf.

Der Rest ist einfach gestrickte Routine aus unserem Ensemble: Ryan Speedo Green als Flüchtender, Alexandru Moisiuc als unauffälliger Mesner, Benedikt Kobel als Dauerspoletta und Igor Onishchenko der Sciarrone. Ayik Martirossian ist der Schließer auf der Engelsburg und Rebekka Rennert, ein Opernschulkind der stimmschöne Hirte. Der Chor hatte seinen Stehplatz in Sankt Andrea della Valle stimmlich gut genützt.

Rund zehn Minuten teils sehr heftiger Schlussapplaus.

Peter Skorepa
OnlineMERKER

 

 

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