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WIEN/ Staatsoper: FIDELIO – O, namenlose Freude!

07.04.2013 | KRITIKEN, Oper

WIENER STAATSOPER: FIDELIO – O,namenlose Freude! 2. Vorstellung der Serie am 6.4.2013

 Noch selten war dieser Jubel so berechtigt wie in dieser zweiten Vorstellung des Fidelio. Die größte Überraschung bereitete uns Lance Ryan als Florestan. Nachdem wir ihn nach der ersten Vorstellung sehr harsch kritisiert haben, ist es uns ein freudiges Bedürfnis, von einer schier unglaublichen Steigerung zu berichten. Schon die Auftrittsarie „O grauenvolle Stille“ ließ aufhorchen – die schöne, leicht metallische Stimme kam sicher und technisch gut geführt und erzeugte genau die Stimmung zwischen Hoffnung und Verzweiflung, die gemeinsam mit der eindringlichen Musik Beethovens so berührt. Auch das Duett mit Leonore „O, namenlose Freude“ wurde zu einer ungetrübten. Wieder einmal haben wir gelernt, dass man die Vorurteile besser zu Hause lassen soll – manchmal werden Hoffnungen erfüllt.

 Auch alle anderen Solisten haben einen sehr guten Tag erwischt: Valentina Nafornita als Marzellina sang mit der heute noch beeindruckenderen Anja Kampe auf Augenhöhe; Walter Fink (Rocco) und Norbert Ernst (Jaquino) waren wieder spielfreudig und stimmlich souverän; Falk Struckmann zeigte diesmal eine differenzirtere stimmliche Gestaltung und erzeugte damit eine noch eindringliche Wirkung. Leise gezischt geht: „Sie haften mir mit Ihrem Kopf dafür“ mehr unter die Haut als wenn es gebrüllt wird – man glaubt ihm jedes Wort. Bei ihrer großen Arie: „Abscheulicher, wo eilst du hin…“ erlebten wir Anja Kampe als hochdramatische Sopranistin auf dem Höhepunkt ihrer Stimmentfaltung, bei der man einfach nicht merkt, wie mörderisch diese Rolle ist – wir haben da schon große Vorgängerinnen scheitern gehört. Clemens Unterreiner sang den Minister beim zweiten Mal noch mächtiger und traumhaft schön – das reine Vergnügen.

 Neben diesen Solisten sang und spielte der Chor „zum Niederknien“ – Prädikat: Bester Opernchor der Welt!

 DIE Sensation des Abends war allerdings das Orchester unter der Leitung von Adam Fischer. Bei der Würdigung dieser Leistung gehen uns die Superlativen aus. Alle Gruppen musizierten diesmal mit Freude, mit Temperament, mit detailgenauer Feinfühlichkeit und mächtigen Eruptionen.

Beim Fidelio merkt man vielleicht am deutlichsten, dass das Staatsopernorchester die Wiener Philharmoniker sind. Bei der „Leonorenouvertüre“ haben sie sich diesmal aber selbst übertroffen – der Jubel mit vielen Bravorufen war absolut nicht übertrieben – man merkte auch als Zuschauer, wie sich die Musiker über diese Leistung freuten – Danke! Besonders eindrucksvoll war auch Kapellmeister Adam Fischer bei der Arbeit zuzusehen. Jede Geste erscheint sinnvoll, es wird nicht effekthascherisch gefuchtelt aber wenn es gefordert ist, merkt man, dass der Mann Paprika im Blut hat.

 Das war ein Fidelio, der es wert ist, in den persönlichen Langzeitspeicher aufgenommen zu werden.

 Maria und Johann Jahnas

 

 

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