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WIEN/ Staatsoper: FAUST

11.05.2014 | KRITIKEN, Oper

WIEN/Staatsoper: FAUST – 10.5.2014 (von Helmut Christian Mayer)

Unbenannt
Erwin Schrott. Foto: Wiener Staatsoper/ Pöhn

Sein Grinsen ist diabolisch. Sein geöffneter, schwarzer Ledermantel, der immer wieder seine blanke Brust zeigt, ist obszön. Seine Halskette, Armbänder, Ringe und Ohrstecker wie auch sein roter Fächer sind exzentrisch ebenso wie seine moderne, hinaufgeschorene Frisur mit Locke. Sein Gehabe und seine Gesten verströmen reinsten Zynismus und (Über-)Lässigkeit: Erwin Schrott wirkt als Méphistophélés wie ein exaltierter Popstar. Und trotzdem vermittelt er starke Dämonie und unheimliche Gefährlichkeit. Er singt den Satan in Charles Gounods „Faust“ an der Wiener Staatsoper dunkel timbriert, kraftvoll, bedrohlich aber auch sinnlich. Wegen seiner immensen Bühnenpräsenz spielt er alle anderen an die Wand.

Vornehmend zurückhaltend erlebt man Piotr Beczala als eleganten Titelhelden, dem das französische Fach sehr zu liegen scheint. Er singt den Dr. Faust mit nur wenigen Mühen in der Höhe, dafür aber immer mit flexiblem Tenor, viel Schmelz wie auch silbrigem Glanz. Er kann auch in seiner Paradearie „Salut, demeure chaste et pure“ mit feinen Tönen und viel Leidenschaft punkten.

Sonya Yoncheva scheint in Wien die Einspringerin zu werden: Nachdem sie bereits 2013 für Nino Machaidze die Julia übernommen hat, wurde sie auch jetzt für Anna Netrebko als Ersatz engagiert. Die jüngere  Bulgarin spielt die Marguerite sehr unschuldig kindlich und singt sie abgesehen von einigen angestrengt klingenden Höhen mit einer unverbrauchten, technisch einwandfrei geführten Stimme, die vielleicht für diese Rolle etwas zu schwer ist, was besonders in der Juwelen-Arie zu hören ist. Verlässlich und mit noblem Bariton wie immer erlebt man Adrian Eröd als Valentin, der nicht nur mit seiner Arie „Avant de quitter ces lieux“ sondern auch ganz besonders in seiner Todesszene beeindrucken kann. Stephanie Houtzeel ist ein sensibler, feinstimmiger Siébel, Aura Twarowska eine optisch ideal Marthe, bei der doch einige Wünsche offen bleiben, Jonming Park ein kraftvoller Wagner. Der Chor des Hauses singt kraftvoll und ideal ausbalanciert.

Bertrand de Billy kann das Orchester der Wiener Staatsoper zu raffinierten Lyrismen und spannungsvoller Leidenschaft animieren, die immer mitreißt.

Über die unsägliche „Nicht-Regie“ aus 2008 sei lieber ein Teppich des Schweigens gebreitet, wiewohl sie und die karge Hässlichkeit der Szene immer wieder ein Ärgernis darstellen.

Großer Jubel im Publikum!

 Helmut Christian Mayer

 

 

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