Online Merker Logo

Die internationale Kulturplattform

WIEN/ Staatsoper: „EUGEN ONEGIN“ – letzte Aufführung in dieser Serie

Staatsoper Wien: „EUGEN ONEGIN“ –

letzte Aufführung in dieser Serie am 24.3.2023

on1
Etienne Dupuis, Nicole Car. Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn

 Über die Inszenierung von Dmitri Tcherniakov habe ich bereits in meinem Bericht über die Vorstellung vom 26.10.2021 ausführlich berichtet (siehe https://onlinemerker.com/wien-staatsoper-eugen-onegin-letzte-auffuehrung-in-dieser-serie/ ). Ich möchte mich daher nicht wiederholen und diesmal nur auf die musikalische Ausführung konzentrieren.

Nicole Car, die bereits in der Wiener Premiere dieser Produktion in letzter Sekunde kurzfristig die Tatjana übernommen hatte, war auch diesmal wieder die alles überragende Sängerin des Abends. Mit rundem Sopran und eleganter Phrasierung sowie mit ihrer von Sensibilität und Sinnlichkeit geprägten Darstellungskunst war sie in jedem Moment eine ideale Tatjana. Ihre Briefszene war wirklich der Höhepunkt der Aufführung.

In dieser Vorstellung wurde Eugen Onegin, den Tatjana anbetet und der sie stolz zurückweist und erst viel später in Liebe zu ihr entbrennt, von Étienne Dupuis gesungen, der im wirklichen Leben das Herz von Nicole Car schon lange erobert hat. Der kanadische Bariton punktete mit seiner kraftvollen und farbenreichen Stimme. Szenisch fügte er sich mühelos in die Inszenierung ein und bot eine überzeugende darstellerische Leistung.

Dem 30-jährigen peruanischen Tenor Iván Ayón Rivas ist mit dem Lenski ein überaus überzeugender Einstand an der Wiener Staatsoper gelungen. Wenn auch die Stimmer (derzeit noch) nicht groß ist, so beeindruckt sie mit einem betörend schönem Timbre. Darstellerisch ist er als unglücklich verliebter und von der Gesellschaft verlachter Lenski durchaus glaubhaft.

Von der Premierenbesetzung sind außer Nicole Car nur noch die beiden überzeugenden Bässe Dimitry Ivashchenko (Gremin) und Dan Paul Dumitrescu (Saretzki) übriggeblieben.

Überaus erfreulich ist es, dass seit der Premiere dieser Produktion auf wirklich gute Besetzungen der drei übrigen weiblichen Rollen Wert gelegt wird. Das war in den letzten Jahrzehnten leider nicht immer der Fall. Die junge russische Mezzosopranistin Maria Barakova strotzte vor Energie und sang die Olga mit einer schönen, weichen Tiefe.

Die ebenfalls aus Russland stammende Mezzosopranistin Elena Manistina, die bereits an der MET als Azucena aufgetreten ist, war eine überzeugende Larina, die in dieser Inszenierung ja ein kleines Alkoholproblem zu haben scheint.

Nach 28 Jahren Abwesenheit kehrte die russische Altistin Elena Zaremba noch einmal an die Wiener Staatsoper zurück. In den Jahren 1992 – 1995 gastierte sie einige Male hier als Ulrica im „Maskenball“, als Marina in „Boris Godunow“, als Erda im „Ring des Nibelungen“ und als Carmen. Nachdem sie in „Eugen Onegin“ bereits die Olga und die Larina gesungen hatte (in beiden Rollen konnte ich sie an der MET in New York sehen, 2007 bzw. 2013), gestaltet sie jetzt eine sehr berührende Filipjewna.

Ausgezeichnet war der Chor der Wiener Staatsoper. Wie bei der Premiere stand Tomáš Hanus am Pult des gut disponierten Orchesters der Wiener Staatsoper. Gelegentlich hetzt er vielleicht zu schnell durch die Partitur, sodass vor allem der Chor da nicht mitkommen kann. Aber bis auf diese geringen Wackelkontakte war das Dirigat durchaus überzeugend. Und das Orchester konnte in vielen Passagen begeistern, vor allem durch den unglaublich weichen Streicherklang.

Somit geriet diese Repertoireaufführung nur zwei Tage nach dem „Freischütz“-Fiasko des MusikTheaters an der Wien im Museumsquartier quasi zu einer Ehrenrettung der Gattung Oper. Obwohl ich natürlich eine Einschränkung zu der von mir so geschätzten Inszenierung von Tcherniakov machen muss. Bei dieser Inszenierung sieht man nämlich von der Galerie fast nichts. Eigentlich müsste die Galerie bei „Eugen Onegin“ (wie bei fast allen Solistenkonzerten) gesperrt werden. Oder die Galeriekarten müssten zu stark ermäßigten Preisen und mit dem Hinweis auf die stark eingeschränkte Sicht verkauft werden. Aber das ist wieder ein anderes Problem, für das sich in der Staatsoperndirektion wohl niemand interessiert.

Walter Nowotny

 

 

Diese Seite drucken