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WIEN/Staatsoper: DON PASQUALE von Gaetano Donizetti

Hila Fahima springt für Andrea Caroll ein

08.10.2018 | KRITIKEN, Oper

Ambrogio MAESTRI in seinem knallbunten Café als geplagter Don Pasquale    Foto(C)M.Pöhn

Sieg des Gesanges über die Regie
DON PASQUALE  am  6.10.2018 in der Wiener Staatsoper
26.Aufführung in dieser Inszenierung

Neidig blickt der Rezensent zu jenen Kinos, aus welchen von der MET die Berichte über eine umwerfend spannende Aida dank der Starsängerinnen Netrebko und Rachvelishvili und dabei von einer wahren „Explosion des Publikums“ künden dürfen, zumindest was den Applaus anlangt, der die Projektionsleinwand zu verbiegen imstande war.
Nun ist diese teilweise so quitschbunt häßliche Inszenierung der Frau Irina Brook und ihrer Helfer von Donizettis Pasquale hier in der Wiener Staatsoper in keinem Augenblick dazu in der Lage, eine Explosion des Beifalls hervorzurufen, denn trotz des Namens ihres berühmten Vaters, den diese Regisseurin trägt, sieht das ganze aus, als wäre es ein Produkt einer Coproduktion mit dem Wiener Raimundtheater oder – noch schlimmer – den Stockerauer Festspielen unter Alfons Haider.
Und man kommt so ins Sinnen, ob es denn überhaupt richtig lustige Opern gibt, wie es ja auch diese Buffa sein sollte. Humor nur auf Kosten eines deplorabel durch Leibesfülle zugerichteten Gierhalses, bei dem man Angst um den Massagetisch haben muss, wenn er seinen Körper auf diesen wuchtet. Ja, so einen Tisch gibt es auch und eine bebilderte Ouvertüre, viel unnötiges Personal in diesem Nachtclub des Herrn Pasquale und Butler und Dienerinnen, die den Sängern beim Singen zuschauen. Die einzige Pointe, die man als originären aber dank Maestri schon stark reduzierten Regieeinfall sah, war jener, als wiederholt dem glatzköpfigen Chef die Perücke vom Kopf fiel.

Mit Ambrogio Maestri stand ein köstlicher und wahrlich bühnenfüllender Don Pasquale auf den Brettern, der mit seinem ebenfalls fülligen und in vielen dramatischen Bühnenwerken gestählten Bariton zungenfertig der Buffa das zur Verfügung stellte, was die Regie ihr versagte, nämlich das Originalidiom der italienischen Buffa. Seinen Freund Doktor Malatesta gab mit trockenem Humor und ebensolchen trockenen und eher sparsam eingesetzten stimmlichen Mitteln Gabriel Bermúdez, jedenfalls aber einen guten Partner für das köstliche Baritonduett mit dem vermeintlich gehörnten Ehemann Norinas.

Wirklich großartig der vor allem in Nordamerika und als Gewinner des Operalia-Wettbewerbes als Tenore leggero bekannt gewordene René Barbera, der mit hörenswerter Leichtigkeit seine warm timbrierte, inzwischen zu einem tragfähigen lyrischen Tenor gewachsene Stimme in seinem Wien-Debüt in dieser Serie vorführte. Verführerisch schön verschmolz er seine Stimme mit jener der Einspringerin Hila Fahima im Duett, die allerdings vor allem in ihrer großen Arie noch einiges an der Phrasierung nachzuschärfen hätte und daher etwas zu früh für diese Rolle als Einspringerin zur Verfügung stehen musste. Auch war der Mann am Pult, Evelino Pidó – zumindest für die oberen Saalbesucher war dies entsprechend zu hören – unbarm- und kaltherzig zu der hübschen Debütantin und deckte ihren Arienschluss mit Blechkaskaden zu. Oder wusste er warum?

Ansonsten war der Mann am Pult erfolgreich um Tempo besorgt, oft allerdings auch zu Lasten einer ruhigeren Gangart.

Damit Vorführungen, deren Ungestörtheit ja durch eine Menge Lautsprecherdurchsagen schon garantiert werden, auch hinkünftig gegen unvorhergesehene Geräuschentwicklungen seitens des Publikums geschützt sind, ersuchen wir die p.t.Direktion um diese weitere nachstehende Durchsage:
„Wir ersuchen Sie, ihre mitgebrachten Babies rechtzeitig zu füttern oder ihnen die Brust zu geben, damit diese jüngsten Opernbesucher nicht durch Hungermeldungen die Vorstellung stören!“
Alles gibt es. So tat ein kleiner Greiner diesmal lautstark im ersten Akt dieses Abends auf der Galerie seinen Protest dagegen kund, hungrig in die Oper getragen zu werden. Ob damit die Leere des Galeriestehplatzes zu erklären ist?

Peter Skorepa
OnlineMERKER

 

 

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