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WIEN/ Staatsoper: DON PASQUALE. Lachen ist die beste und auch billigste Medizin

03.05.2015 | Allgemein, Oper

WIENER STAATSOPER: „DON PASQUALE“ am 2.5.2015

 Vorausschicken muss ich, dass ich ein schlichtes Gemüt habe und  mich jedes Mal zu Silvester beim Dinner for one köstlich amüsiere, obwohl oder weil Butler James da elfmal über den Tigerkopf stolpert. (Das Lachen vergeht mir eher, wenn, wie an diesem Tag, der innerstädtische öffentliche Verkehr wegen einer Demonstration fast lahmgelegt wird.)

Dass die Sinfonia bereits bebildert werden muss, ist zwar höchst überflüssig, allerdings ist die Choreographie bestens auf die Musik abgestimmt. Ob vielleicht etwas gestrichen werden muss, wenn die Gesundheitsministerin diese Inszenierung sieht und sich empört, dass auf der Bühne geraucht wird, bleibt dahin gestellt. Immerhin ist damit der Rahmen abgesteckt. Don Pasquale ist der Besitzer einer Bar, die offensichtlich ihre besten Zeiten schon hinter sich hat. Nun hat er sich in den Kopf gesetzt, zu heiraten und damit seinen schmarotzenden Neffen aus dem Haus zu vertreiben. Michele Pertusi ist dieser Barbesitzer jenseits der besten Jahre, der glaubt, das Nützliche mit etwas Angenehmen verbinden zu können. Man merkt dem Bass, der in Wien hauptsächlich in „seriösen“ Partien zu erleben war, an, dass er es genießt, einmal seine komische Seite zu präsentieren. Sicher ist er nicht siebzig Jahre, wie es im Libretto steht, aber ein Taddei hat seinen ersten Pasquale mit 35 gesungen und Czerwenka war bei seinem Rollendebut gerade einmal dreißig Jahre. Und während bei einem altersgerechten Sänger wahrscheinlich bereits stimmliche Defizite merkbar wären, kann er aus dem Vollen schöpfen. Alessio Arduini ist der Malatesta, der in dieser Inszenierung eine Art Heilmasseur spielt und sich quecksilbrig gebärdet. Stimmlich hat er kurze Anlaufschwierigkeiten, kann dann aber mit seinem beweglichen Bariton voll überzeugen. Norina scheint eine Schauspielerin zu sein, jedenfalls präsentiert sich Valentina Nafornita in ihrer ersten Szene in einer reich gefüllten Garderobe. Die junge Sängerin hat das Pech, dass sie in Wien ihr erstes Engagement gefunden hat und hier die Auffassung vorherrscht, dass jungen Kräften aus dem Ensemble nichts zugetraut wird, mit renommierten Stars in Konkurrenz treten zu können. Sie hat aber durchaus die stimmlichen Fähigkeiten und überzeugt mit sicheren Koloraturen und herzhaftem Spiel. Natürlich ist ihr Aussehen ein zusätzlicher Vorteil, aber warum sollte man ihr das zum Vorwurf machen. Auch der Tenorstar der Besetzung Juan Diego Florez fühlt sich in diesem Ambiente offensichtlich wohl. Von seinem ersten e vero, bei dem genüsslich ein Brioche verzehrt und Kaffe aus dem Becher trinkt (offensichtlich ist der bei seinem Onkel nicht so gut) bis zu seinem Songcontest-reifen Auftritt bei der Serenata Com’e gentil lässt er keinen Gag, aber natürlich auch keine Kadenz mit strahlenden Spitzentönen aus.

Irina Brook hat also die Handlung irgendwo ins 20.Jahrhundert verlegt, was bei dem Stück, das ja eine zeitlose Handlung hat, kein Problem darstellt. Sie setzt keineswegs nur auf Komik um jeden Preis. Beim Povero Ernesto lässt sie den Trompeter einsam en einem Tisch sitzend, das elegische Vorspiel spielen. Dieser gesellt sich dann zu Ernesto, um ihm als Ansprechpartner zu diesen. Dafür dürfen Malatesta und Pasquale bei ihrem großen Duett Bravo, Bravo, va benone vor dem Vorhang eine echte Las Vegas-Show abziehen.

Wesentlicher Bestandteil des Bühnenbildes von Noëlle Ginefri-Corbel ist ein bis zur Decke reichender Rundvorhang, der seine Farbe von graublau nach grün wechseln kann. Davor ist eine eher ungemütliche Bar, die nach den Umbauplänen Norinas in kitschiges Pink getaucht wird und für das Schlussbild in einen noch kitschigeren Garten mit einem blauen Vollmondhimmel  mutiert. Die Kostüme von Sylvie Martin-Hyska sind vor allem nach der Pause ziemlich schräg, aber der von Martin Schebesta studierte Chor fühlt sich offensichtlich darin wohler als in Einheitsuniformen. Unbedingt erwähnen sollte man Eduard Wesener und Christoph Nechvatal, die beiden Angestellten Pasquales, die ihre stummen, aber großen Partien mit vollem Einsatz spielen.

Jesús López Cobos ist ein Dirigent, der keine Ambitionen hat, sich in den Vordergrund zu spielen, weshalb er vermutlich auch oft gescholten wird. Er beweist aber große Umsicht und Rücksicht im Umgang mit seinen Sängern und kann dem Orchester durchaus Italianitá entlocken.

Sie sollten diese Produktion nicht versäumen, denn Lachen ist nicht nur die beste, sondern auch die billigste Medizin.

Wolfgang Habermann

 

 

 

 

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