WIEN / Staatsoper: „DON PASQUALE“ – 26.04.2022
Mit Donizetti hat die Wiener Staatsoper derzeit wohl mehr Glück als mit Richard Wagner. Neben einer – zumindest in musikalischer Hinsicht – fulminanten Aufführungsserie von „Lucia di Lammermoor“ steht derzeit eine Serie von Aufführungen von Donizettis Spätwerk „Don Pasquale“ auf dem Programm. Die völlig verblöde(l)te Inszenierung von Irina Brook wurde inzwischen von den Sängern (bzw. möglicherweise auch von der Abendregie) in vielen Punkten abgemindert, sodass sie nun sogar auszuhalten ist.
Sergey Kaydalov, Ambrogio Maestri. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn
Unbestrittener Mittelpunkt der Aufführung war natürlich Ambrogio Maestri in der Titelrolle. Ein Urkomiker, der diese Rolle ausfüllt (im wahrsten Sinne des Wortes) wie kein anderer. Er war auch der erste Interpret in dieser Inszenierung, dem es gelang die blöden Slapstick-Witze mit dem Toupet, die sich die Regisseurin ausgedacht hatte, in eine ganz andere Richtung abzuändern, die nun wirklich witzig ist. Sein mächtiger Bariton ist auch imstande die tieferen Lagen mühelos auszufüllen und seine Parlandofähigkeit ist kaum zu übertreffen. Ein wahrhaft großer Interpret dieses Anti-Helden.
Sergey Kaydalov stand ihm da als Doktor Malatesta im großen Duett im zweiten Akt um nichts nach. Natürlich wurde der Schlussteil ihres großen Duettes wiederholt. Der junge Russe, seit letzter Spielzeit festes Ensemblemitglied der Wiener Staatoper, besitzt einen schön timbrierten, lyrischen Bariton und präsentierte sich mit viel Spiellaune in einer ihm besonders gut liegenden Partie. Von ihm werden wir hoffentlich noch viel Schönes erwarten dürfen.
Und zwei junge Sänger debütierten in dieser Aufführungsserie an der Wiener Staatsoper:
Ruth Iniesta war eine umwerfende Norina. Im Gegensatz zu vielen Rollenvorgängerinnen, die nur über dünne Soubrettenstimmen verfügten, besitzt die in Saragossa geborene Sängerin ein vollen, runden, lyrischen Sopran, der gut geführt wird und mit den Koloraturen keinerlei Schwierigkeiten hat. Sie ist eine ausgezeichnete Komödiantin. Es war schon sehr komisch anzusehen, wie sie als ziemlich klein geratene Braut ihren hünenhaften Ehemann in die Schranken weist.
Ruth Iniesta, Cyrille Dubois. Foto: Wiener Staatsoper/Michael Pöhn
Cyrille Dubois, der bereits 2015 in Frankreich als Opernentdeckung des Jahres gefeiert wurde, fand erst jetzt den Weg an die Wiener Staatsoper. (Im Theater an der Wien konnten wir ihn ja schon 2016 in einer konzertanten Aufführung von Salieris „Les Horaces“ hören.) Ich habe ihn bereits mehrmals in Frankreich erlebt, u.a. als Don Ramiro in „La Cenerentola“ und als Belmonte an der Opéra de Lyon. Der großgewachsene Franzose besitzt einen für dieses Fach idealen „Tenore di grazia“. Die Stimme ist zwar nicht allzu groß, besitzt aber die Höhensicherheit und die notwendige Koloraturfähigkeit, die für den Ernesto erforderlich ist. Vom Timbre her erinnert seine Stimme ein wenig an jene des ganz jungen Juan Diego Flórez. Dass Dubois darüber hinaus auch noch gut aussieht und gut spielen kann, ist ein zusätzliches Plus.
Michael Arivony aus dem Opernstudio ergänzte als komischer Notar. Dazu durfte sich der Chor der Wiener Staatsoper in seinem kurzen Auftritt auch einmal wieder szenisch austoben.
Das Orchester der Wiener Staatsoper gefiel durch transparenten Schönklang. Evelino Pidò am Pult war der richtige Mann, um den Rhythmus der Partitur mit dem Aktionismus auf der Bühne in Gleichklang zu bringen.
Ein frohgelauntes Publikum feierte die Mitwirkenden am Schluss ausgiebig.
Walter Nowotny
P.S.: Am 28. April und am 2. Mai besteht noch die Möglichkeit „Don Pasquale“ in dieser Besetzung sehen zu können. Es gibt noch genügend Karten.