STAATSOPER WIEN – WALKÜRE am 31. Mai 2014
Peter Seiffert, Gun Brit Barkmin. Foto: Michael Pöhn/ Wiener Staatsoper
Zu Recht umjubeltes Wälsungenpaar
Na bitte, es müssen nicht immer die ganz großen Namen sein, welche triumphale Opernabende garantieren. Denn nach dem ersten Akt der Walküre beim ersten Ring-Zyklus der Saison 2013/14 gab es in der Wiener Staatsoper einen begeisterten Pausenapplaus wie schon lange nicht, obwohl keine Sensationsgastspiele angekündigt waren und auch kein Christian Thielemann am Werk war. Und das völlig zu recht, denn was die beiden Wiener Rollendebütanten Peter Seiffert und Gun-Brit Barkmin als Wälsungenpaar Siegmund und Sieglinde unter der Leitung von Jeffrey Tate boten, war Opern-Champions-League vom Feinsten. Seiffert hatte unlängst auf derselben Bühne schon als hochdramatischer Tristan überzeugt, diesmal war mehr lyrischer Ausdruck gefordert, den der in absoluter Hochform singende Tenor aber ebenso drauf hat. Und wenn es dann doch richtig zur Sache geht, dann punktet Seiffert natürlich nochmals. Daher gab es auch Wälserufe, wie sie Wien schon lange Zeit nicht mehr gehört hatte, beim „Wälsungenblut“ wäre sogar etwas weniger mehr gewesen. Das Publikum verzeiht in solchen Sternstunden auch schon mal Koordinationsprobleme und „Hänger“ bei den Einsätzen. Seiffert hatte aber auch mit Gun-Brit Barkmin eine ideale und adäquate Partnerin an seiner Seite. Vielleicht wurde ihre Stimme in der einen oder anderen Szene ein wenig zu metallisch, aber das Versprechen, das sie zuletzt als Salome an der Staatsoper gab, löste sie mit dieser Sieglinde zu 100 % ein.
Ain Ainger war im Eröffnungsakt der Dritte im Bunde und mit seiner überzeugenden Rollengestaltung als Hunding hielt er die Spannung immer hoch. Überhaupt beeindruckend, wie gerade in der Walküre die Personenführung von Sven-Eric Bechtolf prächtig funktioniert, während die übrigen Deutungsversuche des Regisseurs am Werk Richard Wagners weiterhin unzureichend scheinen.
In gleicher Intensität ging nach dem Pausenjubel der zweite Akt weiter. Hier zog gleich einmal Elisabeth Kulman als Fricka alle erotischen Register und brachte in dieser Schlüsselszene ihren Göttergemahl Wotan davon ab, den schützenden Schild über Siegmund zu halten. Apropos Wotan: Tomasz Konieczny zeichnete diesmal einen wirklich Zerrissenen, der aber eher in der menschlichen Sphäre als in der Götterwelt angesiedelt schien. Immer noch in Fricka verknallt, empathisch und mitfühlend, dann wieder in seinen eigenen Prinzipien gefangen. In stimmlicher Hinsicht wird sein Wotan aber immer problematisch bleiben, er „knödelt“ zwar nicht mehr so wie in der Anfangsphase seiner Karriere, das raue und herbe Timbre scheint aber in manchen Szenen doch nicht ideal zu passen. Aber eindrucksvoll, wie er bis zum Schluss präsent blieb. Als absolutes Highlight – sowohl Koniecznys als auch des Wiener Staatsopernorchesters – empfand ich den Wotan-Monolog des zweiten Aktes: Aus flüsterndem Sprechgesang entwickelte Konieczny die finalen dramatischen Ausbrüche – so von mir noch nie gehört!
Natürlich freute man sich im Vorfeld auf alle drei Brünnhilden von Nina Stemme. Aber die krankheitsbedingte Absage der Schwedin brachte mit Linda Watson einen Luxusersatz nach Wien, so eine Einspringerin kann man sich gefallen lassen: Selten tremolierend, mit ihrer Routine auch darstellerisch ein starker Pluspunkt der Aufführung. Bleiben noch die übrigen Walküren zu erwähnen, von denen Hyuna Ko, Stephanie Houtzeel, Zoryana Kushpler, Regina Hangler, Zsuzsanna Szabó sowie Juliette Mars gut entsprachen. Olga Beszmertna und Ulrike Helzel verdienen hingegen als Gerhilde und Siegrune eine besondere Erwähnung und stachen positiv heraus. Endlich auch einmal entsprechend artikulierte Begeisterung beim immens disziplinierten Wiener Publikum!
Ernst Kopica