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WIEN/ Staatsoper: DIE WALKÜRE

23.06.2014 | KRITIKEN, Oper

WIEN/ Staatsoper: DIE WALKÜRE am 22.06.2014

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Peter Seiffert, hier bereits als Pantomime. Foto Wiener Staatsoper/ Pöhn

Die beiden Juni – Ringe bekommen durch die unverhältnismäßig umfangreichen Umbesetzungen eine zusätzliche Spannung – so erwarteten wir aufgrund der Erkrankung von Jeffrey Tate interessiert das Rollendebut des RSO – Chefdirigenten Cornelius Meister. Mit dem Staatsopernorchester in Hochform gelang eine überzeugende Interpretation sowohl der eindrucksvollen sinfonischen Sequenzen als auch der einfühlsamen Begleitung in allen Stimmungen. Die Cello – Soli, das Blech und der unvergleichliche Streicherklang beeindruckten wieder besonders, gingen aber infolge der dramatischen Ereignisse auf der Bühne fast unter.

Als Peter Seiffert vor Beginn wegen gesundheitlicher Probleme angesagt wurde und anschließend eine tadellose erste Szene sang, glaubten wir noch an eine Vorsichtsmaßnahme. Bis zu den Wälse – Rufen wurde die Stimme immer rauer, die Winterstürme klangen schon sehr gequält und danach gab es nur mehr einen Kampf ums Überleben (Verlust der Gesangslinie, Wegbleiben und Kippen der Stimme) den er dank seiner jahrzehntelangen Routine , guter Technik und bewundernswerter Disziplin mit Hängen und Würgen bewältigte. Seit Rolando Villazon haben wir nicht mehr mit einem Sänger so mitgelitten. Peter Seiffert wurde für diesen heldenhaften Kampf mit frenetischem Jubel belohnt, es war aber klar, dass er in dieser Verfassung den zweiten Akt nicht mehr singen konnte. Tatsächlich trat Direktor Meyer nach der Pause vor den Vorhang und erklärte uns in einer launischen Ansage, dass wir heute zwei Helden erleben werden: Peter Seiffert als Pantomime und Herbert Lippert bei seinem Debut als Siegmund  – von der Seite der Bühne vom Blatt singend – weil „in der Pause zu wenig Zeit für eine szenische Probe war.“ Meyer berichtete, dass Herbert Lippert erst vorgestern mit seinem ungeplanten Rollendebut als Bacchus die Ariadne – Vorstellung gerettet hat. Das Ergebnis war auch diesmal recht gut – er war auch ein passabler Siegmund,  bewies aufs neue seine Schneid und demonstrierte, wie wertvoll er für das Ensemble der Wiener Staatsoper ist.

Trotz aller Widrigkeiten war der erste Akt mit einem Ain Anger als furchterregendem Hunding ein Erlebnis – sein klarer mächtiger Bass strömt inzwischen unangestrengt, sodass er sich voll auf die Darstellung des fiesen Brutalos konzentrieren kann. Gun-Brit Barkmin sang eine auffallend wortdeutliche Sieglinde mit wunderbar timbriertem Sopran ohne Schwachstellen. In den dramatischen Stellen des zweiten Aktes stieß sie diesmal an ihre Grenzen und erreichte nicht ganz den gesanglichen Ausdruck wie beim ersten Ring (zugegeben: gejammert auf sehr hohem Niveau).

Wotan war diesmal sehr zu bedauern, wurde er doch von einer einzigartigen Elisabeth Kulman als Fricka eindrucksvoll, bis zur Demütigung vorgeführt. Diese leidgeprüfte Hüterin der Ehe wird in allen Facetten ihres Wesens vielschichtig und durchdacht dargestellt – sie ist nicht nur die blindwütige Furie sondern auch die noch liebende Gattin – diese Wesenszüge werden dank perfekter Beherrschung dieser edlen Stimme zum eindrucksvollen Ganzen.

Tomasz Konieczny gelang mit dem Monolog im zweiten Akt – in tollem Sprechgesang – ein erster Höhepunkt. Als wütender Gott mit mächtig aufdrehendem Bariton und als gefühlvoller, liebevoller Vater überzeugte er uns erstmals auch als Wotan, obwohl wir ihn mit seiner fahlen Stimmfärbung als Alberich mehr schätzen.

Nina Stemme sang diesmal – planmäßig – die Brünnhilde und überzeugte (nach geringfügigen Startschwierigkeiten bei Hojotoho) besonders im Schlussdialog mit dem Vater mit ausdrucksvollem Vortrag. Es ist immer wieder ein Vergnügen, diese große, edel klingende Stimme so perfekt geführt genießen zu können – Brava.

Ihre Halbschwestern – Olga Bezsmertna, Hyuna Ko, Stephanie Houtzeel, Zoryana Kushpler, Regine Hangler, Ulrike Helzel, Zsuzsanna Szabo und Juliette Mars – waren stimmlich makellos und erledigen temperamentvoll und mit sichtbarem Vergnügen ihre riesige Aufgabe, Walhall mit der geplanten Besatzung von 432.00 Helden zu füllen.

Wieder einmal ein spannender Opernabend  – trotz widriger Umstände – in höchster Qualität.

Maria und Johann Jahnas

 

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