WIEN/ Staatsoper: DIE FLEDERMAUS am 03.01.2014 – Ein liebgewonnener Brauch –
wie die Pummerin und der Donauwalzer gehört auch die Fledermaus – Serie zum Jahreswechsel einfach dazu. Ein vertrautes Ritual der österreichischen Lebensart, für die wir oft verspottet, aber auch nicht selten bewundert und beneidet werden.
Der Besetzungszettel der dritten Vorstellung wies einen auffallend hohen Anteil an Österreichern auf – das war der lockeren Stimmung und der Verständlichkeit des gesprochenen Textes sehr zuträglich. Das Wichtigste passierte aber gestern vor der Bühne:
Bertrand de Billy zündete mit den Wiener Philharmonikern ein Feuerwerk der guten Laune und machte bereits die Ouvertüre zum Erlebnis. Walzerseligkeit, verträumtes Sinnieren und aufpeitschende Polkaklänge – das alles meisterlich, in höchster Konzentration ausgeführt – zeigt die geniale Musik von Johann Strauß und versetzt den Zuhörer, der sich darauf einlässt, in eine ausgelassen fröhliche Stimmung. Trotz aller nicht hoch genug einzuschätzenden Leistungen der Soloinstrumente beeindruckt doch am meisten der runde, harmonische Ausdruck dieses einzigartigen Klangkörpers – die verschmolzene Einheit, die so leicht und selbstverständlich klingt. Auch der hervorragende Staatsopernchor und das temperamentvolle Corps de Ballet vermitteln überschwengliche Feierlaune und animieren die spielfreudigen Gesangssolisten zu erstaunlichen Tanz – und Bewegungseinlagen. Ein Lehrstück für tanzunwillige Männer bietet Alfred Sramek mit Daniela Fally bei der Schnellpolka „Unter Donner und Blitz“. Unglaublich mit wie viel Grandezza und mit wie wenig Bewegung man eine quirlige, tanzwütige Frau einigermaßen im Zaum halten kann. Wieder einmal ein denkwürdiger „Sramek“.
Gesungen wurde auch: Großteils sehr gut, teils hervorragend und teils „na ja“.
Herbert Lippert ist als Eisenstein ein echter Gewinn; die Erfahrung mit dieser Rolle und sein komödiantisches Potential, gepaart mit seinen gesanglichen Fähigkeiten ergeben eine wie selbstverständlich wirkende Rollengestaltung.
Edith Haller war im ersten Akt eine gute Rosalinde – spielfreudig und gesanglich passend. Die „Klänge der Heimat“ im zweiten Akt wurden leider zum Gau: Tiefe Lage nicht vorhanden, Höhen – wenn überhaupt gesungen – spitz und schrill, Mittellage ein Kampf mit fehlender Spitzzüngigkeit. Wenn der Csardas statt Lebenslust nur Mitleid auslöst, kann man die folgende Frage: „Bin ich eine Ungarin?“ nur mit „nein – es reicht höchstens bis Gramatneusiedl“ beantworten.
Als Einspringerin und sicher vollwertiger „Ersatz“ für die erkrankte Angelika Kirchschlager erlebten wir die inzwischen als Orlofsky routinierte Zoryana Kushpler. Ihr Stimmumfang, ihr Temperament und ihr „originales“ Russisch garantieren jedes Mal einen verlässlichen Prinzen. Dass wir sie lieber als Carmen, als Ulrica oder als Maddalena hören, ist wahrscheinlich Geschmackssache.
Adrian Eröd als Dr. Falke war wieder einmal der männliche Höhepunkt des Abends. Sein wunderschön klingender, technisch hervorragender Bariton und die lustvolle Spitzbübigkeit machen ihn zur Traumbesetzung für diesen „Intriganten mit Organisationstalent“.
Bei den Damen ist ähnliches von Daniela Fally zu berichten. Sowohl ihre simmliche – als auch körperliche Akrobatik beeindrucken jedesmal wieder. Ein großes Kompliment an diese sympathische, fertige (nicht angehende) Künstlerin, die aus der Adele die Hauptrolle macht.
Norbert Ernst hat sich zu einem hervorragenden Alfred entwickelt, der mit den „Hadern“ (dt.: Ohrwürmern) der Opernliteratur keine Schwierigkeiten hat und sein komödiantisches Talent erfolgreich auslebt.
Der Vollständigkeit halber sei auch erwähnt, dass Alfred Sramek stimmlich gut in Form ist und die Einladung ins „Vogelhaus“ gesanglich eindrucksvoll gestaltet hat; seine routinierte Blödlerei wirkt so locker und spontan, wie es nur von den ganz großen Komödianten zu erleben ist.
Kongenialer Partner im dritten Akt war der inzwischen schon zum liebgewordenen Fixpunkt gewordene Peter Simonischek als Frosch. Dass man ihm fast keine aktuellen Pointen bringen lässt, ist möglicherweise eine Rücksichtnahme auf die Touristenströme – die alten Schmankerln sind aber zum Teil von immerwährender Komik – sogar die Musiker im Orchestergraben haben sich – deutlich sichtbar – köstlich amüsiert.
Thomas Ebenstein als Dr. Blind und Lydia Rathkolb als Ida spielten hervorragend und sangen gut.
Die Akkus für Fröhlichkeit und gute Laune sind gefüllt – 2014 kann kommen!
Maria und Johann Jahnas