Die Fledermaus. Wiener Staatsoper, 1.1.2014
Bereits zum 148. Mal wurde diese bereits klassische und aus dem Repertoire nicht weg zudenkende Produktion von Otto Schenk und Günther Schneider-Siemssen aufgeführt. Und für den Wiener Opernfreund gibt es kaum etwas besseres als das Neue Jahr mit den Klängen dieser Operette zu beginnen.
Bertand de Billy hat schon des öfteren dieses Werk im Haus dirigiert und kennt naturgemäß die Fähigkeit des Orchesters der Wiener Staatsoper / der Wiener Philharmoniker, dieser Musik dieses tänzerische Element einzuhauchen, die sie einfach benötigt. Es gibt wohl kein Orchester auf dieser Welt, wo die Musik der Strauß-Dynastie besser aufgehoben ist. De Billy führte das Orchester schwungvoll von den ersten Tönen der Ouvertüre weg bis zum Schluss. An diesem Abend hob er besonders das Holz hervor, was sehr interessant war. Chapeau!
Die Besetzung war – im Gegensatz zu vergangenen Jahren – eine sehr österreichische, was der Aufführung sehr zu statten kam. Herbert Lippert mutierte vom verzweifelten Peter Grimes zum fidelen Gabriel Eisenstein. Nach längerer Zeit wurde diese Rolle wieder einmal mit einem Tenor besetzt – was doch ein wenig gewöhnungsbedürftig war. Er blödelte sich durch die Rolle und wusste die Pointen gut zu setzen – ein wenig mehr Wortdeutlichkeit (was allerdings für die meisten der Akteure dieses Abends gilt) wäre schön gewesen.
Erfreulich war, dass Olga Bezsmertna, die als Rosalinde ihr Rollendebüt feierte, praktisch akzentfrei spielte und sang. Es wird noch einige Zeit brauchen, bis sie die Leichtigkeit, die diese Operette verlangt, erreicht. Beim Csardas konnte man auch einen nicht ganz einwandfreien Schlusston bemerken. Alles in allem aber ein erfreuliches Debüt.
Der zweite Debütant erbrachte sicherlich die beste Leistung des Abends. Clemens Unterreiner als Dr.Falke wusste das Publikum auf seine Seite zu bringen. Von Natur aus mit enorm viel Spielfreude und Bühnenpräsenz gesegnet brachte er die wienerische Note mit und bewegte sich mit einer Selbstverständlichkeit und auch mit Autorität durch die Kulisse wie jemand, der in dieser Inszenierung schon ewig lang zu Hause ist. Seine Stimme ist größer geworden und er sang mit einer Wortdeutlichkeit, die an diesem Tag von keinem anderen Akteur erreicht wurde.
Alfred Sramek ist als Gefängnisdirektor Frank aus dieser Produktion kaum mehr wegzudenken. Jeder Gag sitzt und man wird nicht müde, sich an den Pointen, die man ja schon seit Jahren kennt, zu delektieren. Und auch an diesem Abend zeigte er, dass er sich stimmlich in einer hervorragenden Verfassung befindet – da kann man nur wünschen – „Ad multos annos!“.
Während Norbert Ernst als Alfred manchmal mit der Lautstärke des Orchesters zu kämpfen hatte konnte Peter Jelosits den Dr.Stotterbock/Dr.Blind wieder einmal zu neuem Leben erwecken.
Zoryana Kushpler gestaltete den Prinzen Orlofsky bei weitem eindringlicher als bei ihrem Rollendebüt am Haus vor einigen Jahren. Sie hat in der Zwischenzeit viel Routine in dieser Rolle bekommen und kann ihn nun auch mit ihrer individuellen Note versehen. Als russisch sprechende Akteurin fällt es ihr leicht, der Figur den entsprechenden Akzent zu verleihen (in Wirklichkeit ist ihr Deutsch fast akzentfrei – sie trägt da wirklich sehr dick auf!). Ihre Mittellage und ihre Tiefen waren beeindruckend – es bleibt zu hoffen, dass ihre Höhen auch dieses Niveau erreichen können.
Wer Parallelen zur Jetztzeit sah (reiche Russen kommen nach Wien und feiern Parties), nun, der hatte wohl recht…
Auch Ileana Tonca hat ihre „Adele“ schon öfter an der Staatsoper gesungen – und auch da konnte man eine Steigerung zu früher konstatieren. Eine viel bessere Aussprache machte sie sehr verständlich. Die Koloraturen waren perfekt und sie spielte die Kammerjungfer mit viel Pfiff. Ihre Schwester Ida wurde von Lydia Rathkolb zufrieden stellend dargestellt.
Peter Simonischek als Frosch brachte kaum neue Gags – aber das erwartet man sich ja nicht unbedingt, besonders da die alten nach all den Jahren kaum etwas von ihrer Frische verloren haben.
An diesem Tag wurden Heerscharen von Touristen angekarrt. Es waren fast mehr Japaner und Russen als einheimische Besucher anwesend – nach der ersten Pause war der zu Anfang gut gefüllte Galeriestehplatz auf der Seite komplett leer, viele Besucher hatten da für sich den „Besuch der Wiener Staatsoper“ schon abgehakt und waren schon wieder am Weg zur nächsten Sehenswürdigkeit.
Zusammenfassend war es ein netter Jahresbeginn, der vor allem mit einem gut aufgelegtem Orchester und einem spielfreudigen Clemens Unterreiner punkten konnte.
Kurt Vlach